Historische Fotos vom Magazinhof in Kassel aufgetaucht: Wehrmacht nutzte Gelände

Es gibt zwar eine umfangreiche Dokumentation der Universität Münster zu den früheren Getreidespeichern und Heeresbäckereien im früheren Deutschen Reich, Fotos aus Kassel sind aber eine Rarität.
Kassel - „In meinem Bekanntenkreis gab es ein Fuhrgeschäft, das für Militärdienste zwangsverpflichtet war“, sagt Gerhard Rinder, der viele Jahre für die CDU im Ortsbeirat Niederzwehren aktiv war. Rinder hat der HNA drei Fotos zur Verfügung gestellt, die seinen Angaben nach aus den Jahren 1939/1940 stammen. Mit Kriegsbeginn im Jahr 1939 habe das Fuhrgeschäft Kommissbrot aus der Heeresbäckerei im späteren Magazinhof transportiert.
Kassel war damals einer von 120 Standorten, die die deutschen Truppen im Krieg mit Brot versorgen sollten. Die Ausrichtung der Getreidespeicher sei typisch und für alle Standorte vorgegeben gewesen, sagt Ortsvorsteher Harald Böttger, der sich eingehend mit dem Magazinhof beschäftigt hat. Die Längsseiten seien in Ost-West-Richtung gebaut worden, damit der vorherrschende Westwind eine möglich große Angriffsfläche hatte. Durch Öffnungen drang der Wind in die Speicher und trocknete so das Getreide.

Im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden in Kassel überstanden die Speicher den Krieg ohne größere Schäden. Die bis zu einem Meter dicken Betondecken hätten ohnehin einiges ausgehalten. „Der für den Magazinhof gefährlichste Angriff war der Orkan Kyrill“, sagt Böttger. Der fegte im Januar 2007 auch über Kassel und deckte größere Teile der Dächer des Magazinhofs ab.
Auch die Dachrinnen wurden damals zerstört, sodass bei jedem Regen das Wasser an der Fassade herunterfloss. Erst zu diesem Zeitpunkt sei die Wandmalerei aus der Nazizeit wieder freigelegt worden. „Vorher hat das unter dem Putz niemand gesehen“, sagt Böttger. Ob das denkmalgeschützte Wandbild aus Kratzputz (Sgraffito genannt) aus der Nazizeit erhalten werden sollte, wurde eine Weile diskutiert. Es war dann aber durch die Witterung so mitgenommen, dass es an der Wand des früheren Silos nicht erhalten werden konnte. Er empfinde das nicht als Verlust, sagt Böttger.

Er freut sich über die aktuelle Entwicklung auf dem Gelände. Das ist eines der spannendsten Sanierungs- und Neubaugebiete in Kassel. Nach Jahren des Verfalls entwickelt sich das frühere Areal gerade zu einer Vorzeigeadresse.
Drei komplett sanierte Riegel mit modernen Büroflächen sind bereits bezugsfertig, ein vierter wird in Anlehnung an die historischen Größenverhältnisse gerade hochgezogen. Das neue Parkhaus steht bereits an der Bahnlinie. Im kommenden Jahr soll auch der Wohnungsbau hinter diesen großen Blöcken beginnen. (Thomas Siemon)
