Anwohner über die Razzien am Stern: "Schlimmste Straße in Kassel"

Kassel. Immer wieder gibt es Razzien um den Kasseler Stern - wie zuletzt Montagabend. Für einige Menschen vor Ort bringen die Polizeieinsätze nichts, andere wünschen sich noch mehr.
„Die Jägerstraße ist die schlimmste Straße in Kassel“, sagt ein 23-jähriger Flüchtling aus Syrien, der seit einem Jahr in Kassel lebt. Am späten Montagnachmittag beobachtet der junge Mann von einem Friseursalon aus, wie die Polizei am Montagabend mit rund 25 Einsatzkräften erneut zu einer Razzia im Café Firat und in einer Bäckerei anrückt.
Das Café Firat ist besonders im Visier der Ermittler seit dem Frühjahr dieses Jahres. Damals hatte es dort eine Messerstecherei mit einem schwer verletzten Mann gegeben. Bei der jüngsten Kontrolle überprüfte die Polizei hier neun Personen, sagt Polizeisprecher Torsten Werner. Bei keinem davon seien aber Drogen entdeckt worden. Und auch bei der Kontrolle in der Bäckerei am frühen Montagabend waren keine Verstöße festgestellt worden. Hier waren die Polizisten auch von Mitarbeitern des Ordnungsamtes, der Lebensmittelüberwachung und der Bauaufsicht begleitet worden. Allerdings gab es nichts zu beanstanden.

Nach Ansicht von Samet Erdogan (21) bringen die ganzen Kontrollen nichts. „Auch wenn die Polizei tagtäglich kommt, ist das für manche kein Hindernis.“ Er komme nur ganz selten in die Jägerstraße, sagt der Azubi, der aus der Türkei stammt. „Hier sieht man nur Multikulti, hier ist fast kein Deutscher auf der Straße.“ Auch Oktay Belen vom türkischen Unternehmerverband kommt am frühen Abend in der Jägerstraße vorbei. Von ihm aus könnten die Kontrollen noch mal „verdoppelt“ werden.
Obwohl der Einsatz der Ordnungskräfte jetzt schon beachtlich ist: Seitdem Ende Juni die „Aufbauorganisation (Bao) Stern“ bei der Polizei eingerichtet worden ist, um die Kriminalität in dem Quartier zu bekämpfen, waren laut Polizeisprecher Werner bei den 57 Razzien rund 350 Beamte eingesetzt. Dabei fielen 1500 Einsatzstunden an.
„Der offene Drogenhandel am Stern ist weniger geworden“, hat Belen beobachtet. Allerdings kritisiert er, dass die Festgenommenen viel zu schnell wieder von der Polizei entlassen würden. „Das ist nicht so effektiv. Das geht rein und raus.“ Um das Quartier auf Dauer „sauber zu kriegen“, müssten die Täter „gleich drin bleiben“, sagt Belen. Zudem habe man unter den Geschäftsleuten rund um den Stern Unterschriften gesammelt, damit die Spielotheken keine neuen Genehmigungen mehr bekommen. Diese Unterschriften will man demnächst an den neuen Ordnungsdezernenten Dirk Stochla übergeben.
Die Spielothek „Lions Bar“ wurde am Montagabend auch kontrolliert. Dort wollten zwei Jugendliche im Alter von 14 und 15 aus dem Laden türmen, weil sie sich dort noch gar nicht aufhalten dürfen. Der Betreiber der Spielothek muss jetzt mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen, weil gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wurde. Zudem wird das Jugendamt eingeschaltet.