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OB-Wahl in Kassel: Das spricht für und gegen die Kandidaten

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Von: Andreas Hermann

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Muster eines Stimmzettels für die Oberbürgermeisterwahl in Kassel 2023 durch eine Glaskugel fotografiert.
Blick in die Glaskugel: Sechs Kandidatinnen und Kandidaten stehen in Kassel zur Oberbürgermeisterwahl auf dem Stimmzettel. Wer wird am 12. März das Rennen machen oder in eine mögliche Stichwahl einziehen? © Andreas Hermann

Wer wird das Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters in Kassel machen? Wir geben eine Einordnung – aber keine Empfehlung.

Kassel – Endspurt zur letzten Woche vor der Oberbürgermeisterwahl am 12. März. Die Wahl in Kassel ist eine spannende. Sechs Kandidatinnen und Kandidaten treten um den Chefsessel im Rathaus an. Sie ist auch eine besondere, werben mit Amtsinhaber Christian Geselle und Isabel Carqueville doch gleich zwei Sozialdemokraten um Stimmen.

Die Frage aller Fragen: Wer macht das Rennen, holt entweder gleich im ersten Anlauf mehr als 50 Prozent, oder zieht als einer der zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen in die Stichwahl am 26. März ein?

Nicht zur Wahlempfehlung, sondern zur Einordnung haben wir uns die Ausgangslage und das Potenzial der Kandidaten genauer angeschaut. Wir richten den Blick auf ihre persönlichen Ergebnisse und die ihrer Parteien bei den Wahlen in Kassel seit der OB-Wahl 2017. Wir vergleichen ihre Auftritte im aktuellen Wahlkampf. Was also spricht für und was gegen den jeweiligen Kandidaten bei dieser Wahl?

Grundsätzlich lassen sich bei Wahlen in Kassel folgende Entwicklungen feststellen:

Sven Schoeller (Grüne): Der Herausforderer

Ausgangslage: Die Grünen blieben mit Eva Koch bei der OB-Wahl 2017 unter zehn Prozent. Sven Schoeller, der grüne OB-Kandidat 2023, trat bisher nur bei der Kommunalwahl 2021 in Kassel an, erhielt 30 599 Stimmen und sitzt seither in der Stadtverordnetenversammlung.

Potenzial: Die OB-Direktwahl ist vor allem eine Persönlichkeitswahl. Sven Schoeller hat (noch) nicht den Bekanntheitsgrad einer Eva Kühne-Hörmann oder eines Christian Geselle. Aber der 50-Jährige hat einen engagierten Wahlkampf geführt und ist Bewerber der seit der Kommunalwahl stärksten politischen Kraft in Kassel. Als OB könnte er mit der Koalition aus Grünen, CDU und FDP (Jamaika) im Stadtparlament arbeiten. Gelingt es Schoeller, das grüne Potenzial in Kassel zu mobilisieren, ist mit ihm zu rechnen. Er ist bei der Wahl: Der Herausforderer

Isabel Carqueville (SPD): Die große Unbekannte

Ausgangslage: Traditionell hat die SPD in Kassel das Zeug für das Oberbürgermeisteramt. Doch wer ist bei dieser OB-Wahl die SPD? Isabel Carqueville ist die Kandidatin der Partei, aber da ist ja auch noch der SPD-Amtsinhaber. Carqueville trat bisher nur zur Kommunalwahl 2016 an, saß für die SPD mehr als ein Jahr im Stadtparlament.

Potenzial: Isabel Carqueville ist die Kandidatin jener Sozialdemokraten, die Christian Geselle nicht mehr folgen wollen. Sie will für „neue Wege“ stehen. Wie viele Genossen/Wähler diese mitgehen, ist ungewiss. Carqueville war bis zu ihrer Nominierung wenig bekannt, wird aber von SPD-Granden wie Hans Eichel und Bertram Hilgen unterstützt. Im Wahlkampf wartete sie mit Initiativen (Schule im Osten) und Spitzen gegen Geselle (Eigenbetriebe) auf. Sie ist bei dieser Wahl: Die große Unbekannte

Eva Kühne-Hörmann (CDU): Die Herausforderin

Ausgangslage: Der CDU reicht es in Kassel schon lange nicht mehr zur Mehrheit. Bei der OB-Wahl 2017 kam ihr Kandidat Dominique Kalb auf nur 18,3 Prozent. 2023 will es Kreisvorsitzende Eva Kühne-Hörmann selbst wissen. Der ehemaligen Ministerin sowie aktuellen Landtagsabgeordneten und Stadtverordneten mangelt es nicht an Bekanntheit und Erfahrung.

Potenzial: Die Zeiten, in denen Eva Kühne-Hörmann dem SPD-Ministerpräsidenten Hans Eichel das Landtagsdirektmandat wegschnappte (1995) oder bei der Kommunalwahl in Kassel die meisten Stimmen holte (2016), sind einige Jahre her. In Diskussionsrunden zur OB-Wahl zeigt Polit-Profi EKH, dass sie noch zu kämpfen weiß. Doch stellt sie für den Wechsel weniger sich selbst als die Jamaika-Koalition ins Licht. Kühne-Hörmann bleibt aber bei der Wahl: Die Herausforderin

Violetta Bock (Linke): Die Eine-gegen-alle-Option

Ausgangslage: Ungeachtet der bundes- und landespolitischen Zerwürfnisse: Die Linken erzielten bei Wahlen in Kassel meist respektable Ergebnisse um die Marke von zehn Prozent. OB-Kandidatin Violetta Bock, die seit 2016 Stadtverordnete ist, leistete ihren Beitrag dazu. Bei der Landtagswahl 2018 kam sie im Kasseler Osten auf 11,9 Prozent der Erststimmen, bei der Kommunalwahl 2021 holte sie die meisten Stimmen aller linken Kandidaten.

Potenzial: Violetta Bock ist als Stadtverordnete und Aktivistin in linken Kreisen bekannt. Wie kein anderer der OB-Kandidaten bezieht sie in Diskussionsrunden und im Wahlkampf deutlich Position – gegen den Amtsinhaber genauso wie gegen SPD und Jamaika-Koalitionäre. Nicht das Amt, aber ein zweistelliges Ergebnis ist ihr zuzutrauen. Bock ist bei dieser Wahl: Die Eine-gegen-alle-Option

Stefan Käufler (Die Partei): Der reine Spaß-Kandidat

Ausgangslage: Stefan Käufler ist in der Stadtpolitik ein unbeschriebenes Blatt. Ohne auf sich als Kandidat aufmerksam zu machen, trat er aber bereits bei der Kommunalwahl 2021 an und erhielt in Kassel 4789 (!) Stimmen. Das aber lag weniger an dem Bewerber als an dem besonderen Kommunalwahl-System, bei dem bis zu drei Stimmen an einen Kandidaten vergeben werden können.

Potenzial: Stefan Käufler hat keinen ernsthaften Wahlkampf betrieben, er hat als OB-Kandidat nicht einmal eine Internetseite. Bei Diskussionsrunden sieht er sich in der Rolle des Spaßmachers. Wenn er überhaupt zu Themen Stellung nimmt oder Ziele benennt, wird es schnell absurd. Käufler wird manche Stimme aus dem Umfeld seiner Satirepartei abgreifen, mehr aber wohl nicht. Er ist bei dieser Wahl: Der reine Spaß-Kandidat

Christian Geselle (unabhängig): Der geschwächte Favorit

Ausgangslage: Christian Geselle steht für den letzten großen Wahlerfolg der Kasseler SPD, das war der klare Sieg des Sozialdemokraten bei der OB-Wahl 2017. Wäre der Amtsinhaber, wie vor noch gar nicht so langer Zeit geplant, von der SPD nominiert und unterstützt worden, wäre alles andere als seine Wiederwahl 2023 eine Riesenüberraschung gewesen.

Potenzial: Bekanntlich kam es für Geselle anders. Nach dem Streit mit der SPD tritt er bei der Wahl als unabhängiger Kandidat und noch dazu gegen eine Bewerberin der eigenen Partei an. Wie viele Stimmen er an Carqueville verliert, wird sich zeigen. Manches Kreuzchen wird Geselle aber wohl gerade deshalb bekommen, weil er sich als OB und OB-Kandidat weder von seiner SPD noch von anderen Parteien etwas sagen lässt. Er ist bei dieser Wahl: Der geschwächte Favorit

OB-Wahl 2017: Christian Geselle schafft’s auf Anhieb

Bei der Oberbürgermeisterwahl am 5. März 2017 in Kassel setzte sich Christian Geselle als SPD-Kandidat im ersten Wahlgang klar durch – er erhielt 30.403 Stimmen (56,6 Prozent). Abgeschlagen folgten Dominique Kalb (CDU) mit 18,3 %, Eva Koch (Grüne) mit 9,2 % und Murat Cakir (Linke) mit 8,4 %. Der vor sechs Jahren noch für die Freien Wähler antretende Bernd Hoppe kam auf 4,8 %, der Satire-Kandidat Matthias Spindler (Die Partei) holte 2,7 %. 

So wählte Kassel bisher bei anderen Wahlen

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