Zugeparkte Straßen in Kassel: Immer öfter kommen die Retter nicht durch

Das Problem mit Falschparkern, die Müll-, Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge behindern, hat sich in Kassel nach Angaben der Stadt verschärft.
Kassel – Immer mehr und immer größere Fahrzeuge: Falschparker verursachen in der Stadt Kassel zunehmend Probleme. Für die Beschäftigten von Rettungsdiensten, Feuerwehr, Stadtreinigern und anderen Entsorgungsunternehmen gibt es mit ihren Fahrzeugen immer öfter kein Durchkommen mehr, weil Straßen zugeparkt sind.
Wenn die Mindestbreite der Fahrbahn von 3,05 Metern durch abgestellte Autos nicht eingehalten werde, könne dies gefährliche Folgen haben, warnt Ordnungsdezernent Dirk Stochla (SPD). Dann nämlich, wenn die Retter nicht zu ihrem Einsatzort gelangen, wenn größere Fahrzeuge wie die der Feuerwehr die Engstellen nicht passieren könnten oder aber beim Rangieren lebenswichtige Zeit einbüßten.
Kassel: Immer mehr Fahrzeuge in der Stadt
Diese Art des Falschparkens stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, so Stochla. Zunächst aber wolle die Stadt mit einer Informationskampagne auf das Problem aufmerksam machen und an die Verkehrsteilnehmer appellieren. Verschärft habe sich die Situation in Kassel dadurch, dass der Fahrzeugbestand in der Stadt in den vergangenen Jahren stetig gestiegen sei. Inzwischen seien mehr als 120 000 Pkw, Lkw, Krafträder, Busse und Anhänger in Kassel gemeldet (siehe Bericht unten). Zudem seien die neueren Fahrzeugmodelle oft erheblich breiter. Stochla: „Diese Entwicklung wird im Parkraum deutlich sichtbar. Wo früher Fahrzeuge auf dem Grundstück Platz fanden, nutzen die Halter nun auch den Straßenraum.“
Mit Nachdruck weise das Ordnungsamt auf diese Probleme hin, manchmal verteilten die Ordnungshüter aber auch bereits Knöllchen. „Viele Anwohner sind überrascht, wenn ihre gewohnte Park-Praxis ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich zieht. Allerdings gilt diese Regel nicht erst seit gestern, sondern ist schon lange straßenverkehrsrechtliche Vorschrift“, erklärt Stochla.
Kassel: Infokampagne soll gegen Falschparken helfen
Trotzdem habe man sich dazu entschlossen, „die unbekümmerten Falschparker zunächst mit einer Info-Kampagne über ihren Verstoß aufzuklären statt sie direkt aufzuschreiben“. Ein Anspruch auf die Gelbe Karte vor dem Knöllchen bestehe aber nicht, stellt Dezernent Stochla klar. Ob ein Parkvergehen geahndet werde oder erst der Info-Flyer zum Einsatz komme, werde im Einzelfall entschieden und liege im Ermessen der Ordnungsamtsbeschäftigten vor Ort. „Parksündern droht nicht nur ein Bußgeld, sondern in besonderen Fällen auch das Abschleppen ihres Fahrzeugs.“
Zugeparkte Straßen sind in Kassel für Stadtreiniger und andere Entsorgungsunternehmen ein Ärgernis. Bei Einsätzen von Feuerwehr und Rettungsdiensten stellen sie eine Gefahr dar, weil die Retter nicht bis zu ihrem Einsatzort durchkommen.
Wegen der zunehmenden Probleme mit Falschparkern dieser Art appelliert Kassels Ordnungsdezernent Dirk Stochla (SPD) mit Nachdruck an Verkehrsteilnehmer, in jeder Straße und in jedem Fall beim Abstellen den Mindesabstand von 3,05 Meter auf Straßen einzuhalten. Sonst droht nicht nur ein Bußgeld, sondern unter Umständen auch das Abschleppen des Fahrzeugs.
Mitarbeiter des Ordnungsamtes reagieren dabei auf Hinweise von Feuerwehr, Stadtreinigern sowie Anwohnern und prüfen die Situation. So komme es gerade in kleineren Straßen immer wieder vor, dass die Mindestbreite der Fahrbahn von 3,05 Metern durch beidseitig abgestellte Fahrzeuge nicht mehr gegeben sei. Ob ein Vergehen dann bereits geahndet wird oder dem Halter zunächst eine Informationsbroschüre an das Auto gesteckt wird, hängt vom Einzelfall ab. Nach Stochlas Angaben liegt die Entscheidung im Ermessen der Kolleginnen und Kollegen des Ordnungsamtes vor Ort. Oftmals werde zusätzlich per Halterabfrage ermittelt, ob es sich um Fahrzeuge von Anwohnern handele, um diesen die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug zu entfernen bevor ein Bußgeld verhängt werden müsse.
Welche Probleme und Gefahren durch zugeparkte Straßen bei ihrer Diensleistung beziehungsweise ihrem Einsatz entstehen, darüber berichten Vertreter von Feuerwehr, Rettungsdiensten und Stadtreinigern in Kassel:
- Feuerwehr: „Die Kolleginnen und Kollegen schaffen es ab Alarmierung in wenigen Minuten die Stadt zu durchqueren und werden dann kurz vorm Einsatzort mit solchen Hindernissen konfrontiert“, berichtet Tobias Winter, der Leiter der Kasseler Feuerwehr, von den Erfahrungen der Rettungskräfte.
- Rettungsdienste: Die Probleme kann auch Klaus-Peter Franke, stellvertretender Leiter Rettungsdienst beim DRK Kassel-Wolfhagen, bestätigen. Aus seiner Sicht kommt noch hinzu, dass in Kassel viele ältere noch nicht ausgebaute Straßen – gerade in den Wohnvierteln – besonders eng seien. Die Nebenstraße der Friedrich-Ebert-Straße seien teilweise eine große Herausforderung. hinzukomme, dass viele Menschen ihre Autos sehr ignorant parken würden und beispielsweise nicht die erforderlichen Abstände zu Kreuzungen einhielten.
- Stadtreiniger: Auch für die Fahrer der Abfallsammelfahrzeuge sind die durch parkende oder haltende Fahrzeuge stark verengten Straßen eine tägliche Herausforderung. Ihre Fahrzeuge haben eine Breite von 2,55 Metern. Oft bleiben nur wenige Zentimeter Spielraum, um das Fahrzeug durch die Engstelle zu manövrieren. „Das kostet viel Zeit und Nerven“, berichtet Matthias Ludloff, Fahrer bei den Stadtreinigern Kassel. „Es kommt sogar vor, dass wir Abfallbehälter im Einzelfall nicht leeren können, weil die Straße mit unseren Fahrzeugen nicht zu passieren ist, das ist wirklich ärgerlich“, so Ludloff.

Ein weiteres Problem sind ordnungswidrig abgestellte Autos, die das Abbiegen an Kreuzungen und Einmündungen behindern, die Sicht versperren und damit für alle Verkehrsteilnehmer ein Sicherheitsrisiko darstellen. Selbst Wendehammer und Kurven werden durch Autos so zugestellt, dass ein Durchfahren für größere Fahrzeuge wie Abfallsammelfahrzeuge , nicht möglich ist. In Großwohnanlagen komme ein weiteres Problem hinzu. so Ludloff: Zuwege zu den Abfallbehältern sind unpassierbar. Autos parken so dicht, dass die Müllwerker die 1100 Liter Abfallbehälter, die sich gefüllt nur mit zwei Mitarbeitern bewegen lassen, nicht zum Fahrzeug bekommen. (Andreas Hermann, Kathrin Meyer)