Plakat erinnert an Mordversuch: Angreifer des Minicar-Fahrers Efe ist bis heute nicht bekannt

„Warum ist der Täter immer noch nicht gefunden?“ Dieser Satz steht als Überschrift auf einem Flugblatt, das in der Nacht zum Mittwoch in Kassel verteilt worden ist.
Kassel – 800 Exemplare sind insgesamt verteilt worden. Man habe das Plakat in Erinnerung an den Mordversuch an dem Minicar-Fahrer Efe im Juni 2020 verteilt, heißt es in einer Mitteilung, die „Aktivist*innen“ an die Redaktion der HNA verschickt haben. Auf den Plakaten werde auf die bislang erfolglose Tätersuche und fehlende Ermittlungserfolge verwiesen.
In der Nacht zum 21. Juni 2020 wurde der Minicar-Fahrer Efe von einem Fahrgast in der Kasseler Nordstadt in den Hals gestochen. Zuvor war er noch als „Scheiß Ausländer, nur Geldfresser“ rassistisch beleidigt worden. Efe konnte sich selbst zu einem nahe gelegenen Krankenhaus retten und überlebte den lebensbedrohlichen Angriff. Der Täter, der auf der Friedrich-Ebert-Straße in das Minicar eingestiegen war, ist bis heute nicht bekannt.
„Mit der Aktion wollen wir darauf aufmerksam machen, dass auch nach fast zwei Jahren noch kein Täter gefunden wurde. Wir wollen dem Täter zeigen, dass wir ihn nicht in Ruhe lassen, dass wir seine rassistische Tat nicht vergessen! Und wir wollen uns mit Efe solidarisieren, denn wir haben ihn und seinen Kampf nicht vergessen“, schreibt Luca Alt, eine der beteiligten Aktivistinnen.
Die Schwere der Tat und das rassistische Motiv seien unverkennbar. Der Mordversuch sei kein Einzelfall und zähle zu einer Reihe rechter Gewalttaten in Kassel. Der Tat an Efe gingen unter anderem der Mord an Halit Yozgat (2006), der Mordversuch an dem Flüchtling Ahmed I. (2016) und der Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke (2020) voraus. Die Folge rechter Gewalttaten in Kassel müsse ein Ende finden. Die Taten dürften niemals in Vergessenheit geraten, und die Ermittlungen im Fall Efe müssten endlich zu einem Fahndungserfolg führen.
Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Das bei der Staatsanwaltschaft Kassel unter anderem wegen des Verdachts des versuchten Mordes geführte Ermittlungsverfahren sei zwischenzeitlich eingestellt worden, da die Ermittlungen nach Ausschöpfung aller Ansätze einen hinreichenden Tatverdacht gegen eine bestimmte Person nicht ergeben hätten, teilt Oberstaatsanwalt Stephan Schwirzer mit, Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel. Im Laufe der Ermittlungen hätten sich zwar Hinweise darauf ergeben, dass ein 23-jähriger Mann aus Kassel die Tat begangen haben könnte. Aufgrund einer spurentechnischen Untersuchung sei dieser jedoch als Täter auszuschließen gewesen. Zudem sei diese Person auch von dem Opfer nicht als Täter wiedererkannt worden. Sofern sich – beispielsweise aufgrund von Spurentreffern – neue Hinweise auf den Täter ergeben sollten, werde das Verfahren wieder aufgenommen, so Schwirzer.
Dies könne grundsätzlichzeitlich unbegrenzt geschehen, da versuchter Mord nicht verjährt. Sofern sich aufgrund der aktuellen Plakataktion noch Personen finden sollten, die tatrelevante Beobachtungen gemachten haben und sich bislang nicht an die Ermittlungsbehörden gewandt hätten, sollten sie Kontakt mit dem Polizeipräsidium Nordhessen unter Tel. 0561/9100 aufnehmen.
Wer verbirgt sich hinter der Plakataktion? „Die Gruppe zählt sich zum Umfeld der „Kein Schlussstrich“-Bewegung, die sich seit Jahren (ausgehend von dem NSU-Prozess in München) mit der Kontinuität rechten Terrors und rassistischer Zustände, die weit über den NSU-Komplex hinausweisen, beschäftigt“, heißt es auf Anfrage der HNA.
Es ist nicht die erste Solidaritätsbekundung nach dem Angriff auf Efe. Im Juli 2020 und im Juni 2021 hatte es jeweils einen Fahrrad- und Autokorso gegeben, um auf die immer noch nicht aufgeklärte Tat hinzuweisen. Zur finanziellen Unterstützung des Opfers, das bis heute unter den physischen und psychischen Folgen der Tat leide, initiierten Unterstützer im Jahr 2020 eine bis heute laufenden Spendenkampagne: betterplace.me/solimitefe.
Beschreibung des Täters:
Es liegt folgende Beschreibung zu dem Täter vor: Der Mann ist 30 bis 35 Jahre alt, 1,75 bis 1,80 Meter groß, normale bis kräftige Statur, sprach akzentfreies Deutsch, keine Auffälligkeiten wie Brille, Bart oder Ähnliches, trug eine dunkelblaue offene Sweatjacke und Bluejeans.