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Polizist in Kassel trug umstrittenes rechtes Abzeichen - Disziplinarverfahren läuft

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Von: Matthias Lohr

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Bundesweit gibt es Polizeivorfälle mit rechtem Bezug: In Nordhessen gebe es keine Zunahme, sagt ein Sprecher. Unser Bild zeigt eine Polizistin in Frankfurt. Archi
Bundesweit gibt es Polizeivorfälle mit rechtem Bezug: In Nordhessen gebe es keine Zunahme, sagt ein Sprecher. Unser Bild zeigt eine Polizistin in Frankfurt. Archi © Arne Dedert/dpa

Ein Kasseler Polizist trug auf seiner Uniform ein Abzeichen mit Bezug zur rechtsextremen Szene. Das Disziplinarverfahren gegen ihn läuft noch.

Kassel – Vor knapp einem Jahr machte Frank Müller (Name geändert) in einem Zug in der Nähe von Hofgeismar eine ungewöhnliche Beobachtung. Unweit von ihm saß ein Polizist, der auf seiner Uniform ein Kreuzrittersymbol aufgenäht hatte, das Müller der rechten Szene zuordnete. Auf dem Rucksack des Beamten prangten „weitere rechtsextreme Abzeichen“, wie Müller notierte. Er machte Fotos davon und meldete seine Beobachtung beim Polizeipräsidium Nordhessen.

Dort leitete man ein Disziplinarverfahren gegen den Polizisten ein. Müller meldete sich nun bei der HNA. Er würde gern wissen, was aus dem Fall geworden ist. Und er macht sich Sorgen wegen ähnlicher Vorfälle bei der Polizei. Zuletzt hatten wir über einen anderen Polizisten berichtet, der sich in Bad Wildungen mit einem rechtsextremen Kampfsportstudiobetreiber hatte fotografieren lassen. Auch gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Rechtsextremismus in Kassel und Anderswo keine Einzelfälle mehr - Disziplinarverfahren läuft

Für Müller sind all das keine Einzelfälle mehr, wie er sagt: „Polizisten werden offensichtlich nicht hinreichend belangt.“ Der Polizist im Zug bei Hofgeismar habe die Abzeichen offen auf seiner Uniform getragen. Von seinen Vorgesetzten scheine er keinen Gegenwind bekommen zu haben. Auch rechtsextreme oder rassistische Inhalte in Polizei-Chatgruppen machen immer wieder Schlagzeilen.

Ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Kassel teilt mit, dass man umgehend ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet habe, das noch nicht abgeschlossen sei. Bis dahin dürfe der Mann keine Führungsverantwortung übernehmen. Strafrechtlich relevante oder eindeutig rechtsextreme Zeichen seien bei der Überprüfung des Falles nicht festgestellt worden. Jedoch, so erklärt der Sprecher, „besteht bei mindestens einem der getragenen Patches der Verdacht, dass es sich um ein Zeichen handelt, welches zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung als Zeichen mit Bezug zur rechtsextremen Szene wahrgenommen werden könnte“.

Polizisten dürfen keine privaten Abzeichen tragen

Dabei gehe es um den Aufnäher mit dem Kreuzrittersymbol und dem lateinischen Ausspruch „recte faciendo neminem timeas“ („Tue recht und scheue niemand“). Dieser Satz gehe auf einen Ritterorden aus dem 17. Jahrhundert zurück. Ein solches Abzeichen schade dem Ansehen der Polizei. Zudem merkt der Sprecher an, dass Polizisten ohnehin keine privaten Abzeichen auf ihren Uniformen tragen dürfen.

Zwar habe es bundesweit und auch in Nordhessen Fälle mit einem rechtsextremistischen Bezug geben. Eine Zunahme könne für das Polizeipräsidium Nordhessen aber nicht festgestellt werden. Zudem versichert der Sprecher: „Extremistinnen oder Extremisten haben in der hessischen Polizei keinen Platz.“

Hessische Polizei will „Extremismusresilienz innerhalb der Polizei weiter stärken“

Auch wegen der bekanntgewordenen Vorfälle habe die hessische Polizei in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die „Extremismusresilienz innerhalb der Polizei weiter zu stärken“. So sollten Bedienstete zudem ermutigt werden, „bei erkanntem Fehlverhalten anderer aufzustehen und einzuschreiten“.

Der Sprecher verweist unter anderem darauf, dass die unabhängige Expertenkommission „Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft“ eingerichtet wurde. Im hessischen Innenministerium gebe es nun eine Stabsstelle für Führungs- und Fehlerkultur. Zudem seien 16 000 Bedienstete in Veranstaltungen darüber informiert worden, welche Inhalte in rechtsextremen Chatgruppen bei der Polizei über Jahre hinweg geteilt wurden. (Matthias Lohr)

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