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Protest von Klima-Aktivisten in Kassel: „Die Zeit läuft ab“

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Von: Florian Hagemann, Andreas Hermann

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Aktion vor dem Kongress Palais: Mitglieder des Kasseler Klimaaktionsbündnis forderten vor der Stadtverordnetensitzung am Montag schnellstmögliche Maßnahmen zur Kohlendioxid-Reduzierung. Unser
Aktion vor dem Kongress Palais: Mitglieder des Kasseler Klimaaktionsbündnis forderten vor der Stadtverordnetensitzung am Montag schnellstmögliche Maßnahmen zur Kohlendioxid-Reduzierung. Unser © Andreas Fischer

Es gab während der Kasseler Stadtverordnetenversammlung auch noch andere Themen als die Wahl der Gesundheitsdezernentin – vor allem: den Klimaschutz. Das Ganze wurde begleitet von Protesten.

Kassel – Als Kassels SPD-Chef Ron-Hendrik Hechelmann über die Klimakrise redete, richteten sich plötzlich alle Blicke weg von ihm: Ein Aktivist hatte es geschafft, in den Kolonnadensaal des Kongress Palais zu dringen und die Stadtverordnetenversammlung zu stören. Er wurde vom Sicherheitsdienst sogleich – mehr unsanft als sanft – nach draußen befördert. Seine Botschaft blieb unerhört, aber Hechelmann nahm die Aktion auf und sagte: „Der ständige laute Protest hilft nicht weiter.“ Viel wichtiger sei ein starkes Bekenntnis für den Klimaschutz.

Zumindest liegt schon etwas Schriftliches vor: 2019 hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, der Klimakrise entschieden zu begegnen, wie die Überschrift des entsprechenden Antrages lautete. Darin ist zum Beispiel das Ziel festgehalten, bis 2030 klimaneutral zu werden. Auch die Verstärkung der Aktivitäten in den Bereichen Strom, Wärme, Mobilität, Landwirtschaft und Konsum ist dort vermerkt. Nur: Wie weit ist die Stadt bei den Bemühungen?

Dazu gab Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne) einen Überblick – so, wie es der Beschluss von 2019 auch vorsieht. Nolda stellte dar, was schon geschehen ist. So nannte er zum Beispiel den Ausbau und die Neugestaltung von Fahrradstraßen, die Installation von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, die Erhöhung der Taktfrequenz beim ÖPNV, die allmähliche Umstellung von Kohle auf die Brennstoffe Klärschlamm und Altholz im Kraftwerk Dennhäuser Straße.

Nolda erwähnte vorweg den installierten Klimaschutzrat, dem er eine „unheimlich hohe Kompetenz“ bescheinigte. Der Rat spricht Empfehlungen für die Politik aus, die schließlich die Entscheidungen treffen muss. Als eine weitreichende Empfehlung führte der Stadtbaurat zum Beispiel den Ausbau des Fernwärmenetzes in der Stadt auf. Er erläuterte ein angedachtes Szenario mit einem Anteil von Wärmenetzen in Höhe von 70 Prozent. Die Trassenlänge müsste sich dann fast vervierfachen: von aktuell 180 Kilometern auf 670 Kilometer. Das wäre eine richtig große Maßnahme, wie Nolda es ausdrückte, der von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sprach, um den Klimaschutz voranzutreiben. Mitunter fehlt es noch an politischen Beschlüssen – wie etwa bei der Energieversorgung – und damit beim Ausbau des Fernwärmenetzes. Eine entsprechende Satzung ist noch nicht in Kraft. Ansonsten wies Nolda auch auf generelle Probleme hin – vor allem die zunehmende Schwierigkeit, Arbeitskräfte in den technischen Berufen zu gewinnen, die den Wandel begleiten. Wenn aber Fachpersonal fehlt, stockt auch das Tempo beim Klimaschutz.

So gibt es immer wieder Angriffsflächen für Kritik – wie auch vor der Sitzung der Stadtverordneten am Montag. So haben Extinction Rebellion und andere Gruppen des Kasseler Klimaaktionsbündnisses Sofortmaßnahmen zur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen gefordert. Anlass dazu gab eben gerade der von Nolda vorgestellte Klimaschutzbericht. In dem Beschluss zur Klimaneutralität Kassels bis 2030 heißt es, dass es zur Erreichung des Ziels des Pariser Klimaabkommens sofortige Maßnahmen benötige, die zu einer nachhaltigen und messbaren Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen führen.

„Zwei Jahre später brauchen wir schnellstmöglich wirksame Maßnahmen“, betonte Gregor Anselmann als einer der Initiatoren der Aktion. Die Verhinderung der Klimakatastrophe habe für den Magistrat unter Oberbürgermeister Christian Geselle keine Priorität, kritisierte Anselmann von Extinction Rebellion. Auch Kassel müsse jetzt alles unternehmen, um so schnell wie möglich aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen. „Nicht nur, um ein Kippen des Klimas zu verhindern, sondern auch, um den Vernichtungskrieg Putins und die anderer autoritärer Kräfte nicht länger zu finanzieren.“ (Florian Hagemann und Andreas Hermann)

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