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Prozess gegen mutmaßlichen IS-Kämpfer aus Kassel eröffnet

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Walid D. aus Kassel
Vor Gericht wirkte er unsicher: Unsere Zeichnung von Walid D. entstand 2015 bei einem Verfahren wegen Waffen- und Drogenbesitz in Kassel. © Zeichnung: Reinckens

Weil er sich kurzzeitig als IS-Sympathisant am syrischen Bürgerkrieg beteiligt haben soll, muss sich seit heute ein 32 Jahre alter Mann aus Kassel vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 21.27 Uhr - Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft legt Walid D. zur Last, im November 2013 mit dem Bus von Kassel über Serbien und Bulgarien an die türkisch-syrische Grenze gereist zu sein. Von dort aus soll er sich für etwa vier Wochen nach Syrien begeben haben und als IS-Mitglied registriert worden sein.

Zuvor soll D. im Internet recherchiert haben, wie er Waffen in einem Auto verstecken kann. Auch mit Tötungsszenarien soll der Kasseler sich beschäftigt haben.

Zum Prozessauftakt bestätigte der Angeklagte seinen mehrwöchigen Syrien-Aufenthalt. Er habe sich allerdings nur in Häusern aufgehalten, um kurzfristig in die Miliz aufgenommen zu werden. Dann habe er jedoch vorzeitig die Heimreise antreten müssen, nachdem sein Vater gestorben sei. Der Staatsschutzsenat hat für den Prozess bislang vier Verhandlungstage bis 14. Februar terminiert.

Der mutmaßliche Islamist war 2014 eher zufällig ins Visier der Ermittler in Kassel geraten: bei einer Telefonüberwachung von zwei verdächtigten Kasseler Drogendealern. Mit einem von ihnen war Walid D. befreundet. Weil die Fahnder vermuteten, bei D. könnten ebenfalls Drogen lagern, kam es im September 2014 zur Durchsuchung seiner Wohnung in Wehlheiden.

Neben Amphetaminen wurden dabei auch eine Machete, eine Pistole und eine nicht funktionsfähige Kalaschnikow samt Munition gefunden. Zudem entdeckten die Ermittler Hinweise, dass der damals 28-Jährige islamistische Webseiten aufrief und sich in Syrien aufgehalten hatte. Radikalisiert haben soll sich der junge Mann in der Al-Rahman-Moschee an der Mauerstraße.

Vor dem Kasseler Landgericht fand bereits 2015 ein erster Prozess gegen Walid D. statt. Der hochgewachsene, kräftige junge Mann machte damals einen unsicheren, geradezu schüchternen Eindruck im Gerichtssaal.

Wegen Drogen- und Waffenbesitzes wurde er schließlich zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft kam er daraufhin wieder auf freien Fuß. Die Terrorvorwürfe, die von der Frankfurter Staatsanwaltschaft weiterverfolgt wurden, waren nicht Teil des damaligen Verfahrens.

Walid D., der deutscher Staatsbürger ist, aber ägyptische und palästinensische Wurzeln hat, war schon als Jugendlicher wegen Körperverletzung verurteilt worden. Er musste als Teil der Strafe an einem Anti-Aggressions-Training teilnehmen und war später selbst jahrelang als Co-Trainer in solchen Kursen tätig. Auch nachdem er bereits aus Syrien zurückgekehrt war und sich zuhause mit Waffen umgab, unterrichtete er noch andere, die ihren Hang zur Gewalt in den Griff bekommen wollten.

In Kassel erwartet Walid D. übrigens inzwischen ein weiteres Verfahren: wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Sie schlossen sich dem IS an: Kasseler sucht nach seinen Söhnen

Joachim Gerhard
Joachim Gerhard aus Kassel sucht seit Jahren seine Söhne in Syrien. Sie hatten sich im Oktober 2014 dem IS angeschlossen. © Schippers

Ein weiterer Fall, der im Zusammenhang mit dem IS in der Region für Aufsehen gesorgt hat, ist der von Joachim Gerhard. Weil sich seine zwei Söhne der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen hatten, reiste der Kasseler mehr als 20 Mal an die türkisch-syrische Grenze, um sie zu finden. 2014 fuhren die Söhne angeblich zu einem Ausflug nach Österreich, 2015 sagten sie sich in einem Video von ihrem Vater los. Der Verfassungsschutz hält sie für tot, Gerhard hatte aber noch im April vergangenen Jahres Hinweise darauf, dass sie noch leben. Hier lesen Sie mehr über die verzweifelte Suche von Joachim Gerhard

IS-Kämpfer vor Gericht 

Am Oberlandesgericht in Frankfurt ist derzeit ein 33-jähriger Syrer angeklagt. Er lebte zuletzt in Kassel und soll zuvor mindestens 20 Männer als Emir für die Terrormiliz Islamischer Staat befehligt haben. (lhe/mak)

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