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Neue Radbügel in Kassel stoßen auf viel Kritik – und Lob

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Von: Christina Hein, Matthias Lohr

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 Unsere Karikatur der Woche befasst sich mit den Radbügeln. Karikatur: Niko Mönkemeyer
So kann man es auch sehen: Unsere Karikatur befasst sich mit den Radbügeln. © Niko Mönkemeyer

Zurzeit werden im Stadtgebiet 900 Fahrradbügel für 1800 Fahrradabstellplätze installiert. Das stößt auf Kritik von Anwohnern und Lob vom Radentscheid.

Bei den Standorten hatten die Ortsbeiräte in Sachen Fahrradbügel ein Mitspracherecht. Gerade werden unter anderem im Vorderen Westen, dem dicht besiedeltsten Stadtteil mit einem hohen Parkdruck, die Abstellorte für Zweiräder am Straßenrand angebracht. Wir haben bei Anwohner Thomas Hartmann aus der Dörnbergstraße und Thomas Hofmann von der Initiative Radentscheid nachgefragt.

Das sagen Anwohner zu den Radbügeln

Thomas Hartmann: „Im Stadtteil Vorderer Westen werden zurzeit verstärkt Fahrradbügel angebracht. Ein Blick auf die Dörnbergstraße zeigt, dass die entscheidenden Gremien bei der Auswahl der Standorte zumindest in diesem Fall den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Verwaltungshandeln nicht angemessen berücksichtigt haben.

Thomas Hartmann, Anwohner
Thomas Hartmann, Anwohner © Rudolph, Katja

Statt für ein gedeihliches Miteinander aller Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen zu sorgen, wurden hier ohne Not circa sechs Parkplätze zugunsten von Fahrradständern aufgegeben. Letztere hätten jedoch – so wie bislang bereits geschehen -– zwischen den Bäumen mit den Beuys-Steinen installiert werden können. Niemand wäre dadurch behindert.

Für die Fußgänger stünde weiterhin der gesamte Gehweg zur Verfügung. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, warum diese Fahrradständer nicht auf dem Bebelplatz installiert wurden, wo genügend Platz vorhanden wäre. Insgesamt kommt der Eindruck auf, dass im Vorderen Westen überproportional viele Fahrradständer aufgebaut werden.

Hat man im Ortsbeirat die Vision, hier auf Sicht ganz autofrei zu werden? Ich fahre pro Jahr maximal 2500 Kilometer mit dem Auto. Ich beschränke mich auf unbedingt erforderliche Transportfahrten. Den Rest erledige ich mit dem ÖPNV, dem Rad oder zu Fuß. Für mich ist ökologisches Engagement selbstverständlich. Was hier aber gerade passiert, speziell in der Dörnbergstraße, mutet mir sehr stark nach Verbots- und Bevormundungspolitik an, was ich strikt ablehne.

Unser Ortsvorsteher sagt gegenüber der HNA, dass durch Aufstellung von Fahrradständern im Stadtteil lediglich ein Prozent der Parkplätze wegfielen. Diese Aussage muss relativiert werden. In der unteren Dörnbergstraße fallen nun circa 17 Prozent der Parkplätze weg. Dazu kommt, dass in der oberen Dörnbergstraße seit drei Jahren etwa zehn Parkplätze wegen eines Neubaus fehlen.

Nach meinen wenigen Fahrten werde ich künftig statt 5 Minuten eher 15 Minuten im ersten Gang durch den gesamten Stadtteil auf Parkplatzsuche sein. So wird es auch vielen anderen Bewohnern des Viertels gehen. Wo soll da der ökologische Gewinn sein?“  

Lob für Fahrradbügel von Radaktivisten

Thomas Hofmann: „Die Einrichtung von neuen Fahrradabstellanlagen fällt in Kassel nur deshalb so stark auf, weil es bisher kaum welche gibt. Während es in fast allen Kasseler Straßen möglich ist, ein Auto abzustellen, muss man Fahrradbügel häufig mit der Lupe suchen oder Alternativen suchen.

Der Weg zur Klimaneutralität und einer lebenswerteren Stadt erfordert es zwingend, gerade für den Radverkehr entsprechende Flächen bereitzustellen. Die können nur Autoverkehr genommen werden – die sowieso schon zu engen Gehwege kann man dafür nicht auch noch heranziehen.

Thomas Hofmann, Initiative Radentscheid
Thomas Hofmann, Initiative Radentscheid © Privat

Aus Sicht des Rad- und auch des Fußverkehrs begrüße ich diese Maßnahmen deshalb. Einziger Wermutstropfen für mich und viele andere Radlerinnen und Radler: Solange es auf dem Weg zu diesen Abstellmöglichkeiten keine Radwege und Fahrradstraßen gibt, auf denen sich alle Radfahrenden sicher fühlen, werden sie nicht allzu sehr ausgelastet sein. Hier ist die Stadt gefragt, bei den Baumaßnahmen deutlich an Tempo und Qualität zuzulegen.

Die Kritik an den aktuellen Standorten in der Goethestraße kann ich zum Teil nachvollziehen: Fahrrad-Parkplätze braucht es in dieser Form an Orten, die Menschen anziehen, etwa an Schulen oder am Staatstheater. In Wohngebieten oder anderen Gegenden mit wenig Anziehungspunkten braucht es meiner Meinung nach so wie für Autos auch in regelmäßigen Abständen Abstellmöglichkeiten.“  

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