Rätsel in Kassel gelöst: HNA-Leser erklären Luftschutz-Kennzeichen an Altbauten
An vielen Kasseler Altbauten findet man Luftschutz-Kennzeichen. Leser der HNA erklären nun ihre Bedeutung.
Kassel – In dieser Woche hatten wir unsere Leser dazu aufgerufen, die Bedeutung der einst mit Leuchtfarbe aufgemalten Luftschutz-Kennzeichnungen „M“, „R“ und „L“ aufzulösen, die sich bis heute an vielen Altbauten in Kassel finden lassen. Hier die Rückmeldungen.
Ulrich Näser kann sich noch gut an das weiße „R“ erinnern, das viele Jahre unter der Hausnummer des Hauses seiner Großeltern zu lesen war. Näser war zu Kriegsende im Mai 1945 mit seiner Mutter und den Geschwistern bei den Großeltern in Harleshausen untergekommen. Aus Näsers Geburtsort im Ruhrgebiet war die Familie während des Krieges evakuiert worden. „Irgendwann habe ich meine Großeltern gefragt, was das R bedeutet“, sagt Näser. Da erfuhr er, dass die Buchstaben R, L und M die Lage des Luftschutzraumes vom Kellereingang aus gesehen bezeichneten: Rechts, Links oder Mitte.
Dieser Hinweis sei in der Zeit der häufigen Bombardierungen zwischen 1943 und 1945 aus zwei Gründen wichtig gewesen. Zum einen wussten Passanten im Fall eines Alarms, wo sie in der Nähe einen Schutzraum im Keller finden konnten. Vor allem sei die Angabe aber für die Rettungskräfte gedacht gewesen. „Wenn ein Haus zerstört war, wussten die Helfer, wo sie im Schutt nach Überlebenden suchen mussten“, sagt Näser, der bis heute im Haus der Großeltern im Weg in der Aue lebt.

Luftschutz-Kennzeichen an Altbauten in Kassel: Ein- und Ausstiege durch Pfeile sichtbar
Neben den Buchstaben habe es die ebenfalls in Weiß gemalten rechten Winkel an vielen Häusersockeln gegeben. Diese hätten die Lage der Schutzräume im Gebäude gekennzeichnet. Weiße Pfeile hätten auf die Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten über die Kellerfenster hingewiesen. Das R ist an Näsers Haus ist längst verschwunden – genauso wie der Splitterschutz vor den Kellerfenstern.
Ähnliche Erinnerungen hat Claudia Rudel aus Kassel. Sie selbst war bei der Kasseler Bombennacht im Jahr 1943 erst zwei Jahre alt. „Als der Krieg vorbei war und ich als Kind mit meiner Mutter durch die damals noch zerstörte Stadt lief, fielen mir diese Zeichen auf“, erzählt Rudel. Ihre Mutter habe ihr schließlich die Bedeutung der Luftschutzmarkierungen erklärt. Was sie zu hören bekam, entspricht dem, was auch Ulrich Näser von seinen Großeltern erfuhr.

Luftschutz-Kennzeichen an Altbauten in Kassel fallen ins Auge
Anders als die Familie Näser, wurden die Eltern von Claudia Rudel völlig ausgebombt. „Von unserem Haus an der Friedrich-Ebert-Straße 64 steht heute nichts mehr. Heute befindet sich dort das Café Seegert“, sagt Rudel. Bis heute fielen ihr aber immer wieder die teils verblassten Markierungen an den Kasseler Hausfassaden ins Auge.
Arnd Meckling-Kiepe wohnte lange an der Tannenkuppenstraße. Seine damalige Nachbarin, die inzwischen verstorben ist, lebte mehr als 70 Jahre lang an der Tannenkuppenstraße 17. In ihrer Chronik über ihr Leben in dem Haus erwähnt sie auch das bis heute erhaltene „R“ neben der Haustür. In ihrer Niederschrift heißt es: „Mit Kriegsbeginn, im September 1939, (...) musste jedes Haus Vorkehrungen treffen. Jetzt wurde das große R neben der Eingangstür von Nr. 17 angepinselt, da der Luftschutzkeller rechts von der Kellertreppe zu erreichen war.“

Altbauten in Kassel: Statt Luftschutz-Kennzeichen hängen Hinweisschilder
Lukas Kiepe, der Sohn von Arndt Meckling Kiepe, kennt diese Erinnerungen seiner früheren Nachbarin auch. Er wohnt inzwischen an der Hentzestraße 18. An diesem Altbau gebe es zwar keine Kennzeichnung mehr, aber im Keller hänge immer noch ein Schild, das auf den Personenschutzraum hinweise. (Bastian Ludwig)
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