„Wolfsgraben in Kassel ist eine Rennstrecke“

Er entwickelte sich von der Schlaglochpiste zur Rennfahrstrecke: der Wolfsgraben in Wolfsanger, der vor einigen Jahren saniert wurde. Zwei, die das bezeugen können, sind Jens Decke und Tim Vaupel. Sie wohnen direkt am Wolfsgraben und haben damit die Schnellfahrer vor der Haustür. Jetzt fordern sie Tempo 30.
Wolfsanger – „Wir haben aus unserem Küchenfenster schon einige Beinah-Unfälle beobachtet“, berichteten Decke und Vaupel, die dort seit 2018 wohnen, jüngst im Ortsbeirat. In der Bürgerfragestunde meldeten sich die beiden zu Wort, weil sie den Zustand vor ihrer Haustür nicht mehr weiter hinnehmen wollen. „Immer wieder sieht man, dass Leute, die den Zebrastreifen überqueren wollen, zurückspringen, weil ein Auto angerast kommt und oftmals durchfährt.“
Seitdem der Wolfsgraben neu gemacht wurde, lade er zum Schnellfahren ein – selbst bergauf, wo die Autofahrer teils extra Gas geben würden. Das sei ein Sicherheitsrisiko für Radfahrer, die sich die Straße mit den Autos teilen. „Fahrräder werden hier waghalsig überholt oder abgedrängt. Und oft parken Autos an der Straße und verengen sie damit, was wiederum zu einer Gefahrenquelle für Radfahrer wird“, sagt Decke. „Und auch die vielen Schüler, die hier täglich zur Schule gehen, sind an einer unsicheren Straße unterwegs.“ Die Zahlen der Polizei bestätigen das. 13 Unfälle haben sich dort laut Unfallstatistik in den letzten drei Jahren ereignet. An insgesamt vier der 13 Unfälle waren Radfahrer (2) oder Fußgänger (2) beteiligt. Von einer Unfallhäufungstelle könne allerdings nicht die Rede sein – weder aktuell, noch in den vergangenen Jahren.
Bisher sei die Straße Wolfsgraben nicht besonders auffällig, heißt es auf Nachfrage bei der Stadt. „Es gibt allerdings Hinweise auf gelegentliche als schwierig wahrgenommene Situationen von Einbiegern in die Straße.“ Die Verkehrsüberwachung vom Ordnungsamt sei im Rahmen der mobilen Messungen an unterschiedlichen Querschnitten präsent, teilt ein Stadtsprecher mit.
Den kompletten Wolfsgraben zur Tempo-30-Zone zu machen, sei nicht möglich, „weil die Straße als K24 zum klassifizierten Hauptstraßennetz gehört“. Denkbar hingegen wären streckenbezogene Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit. Anders als die Anordnung einer Tempo-30-Zone, die dazu beitragen könnte, dass die Zebrastreifen im unteren Teil des Wolfsgrabens entfernt werden, hätte eine Streckenbeschränkung keine Auswirkung darauf. Das Thema Wolfsgraben beschäftigt auch den Ortsbeirat schon länger, sagt Ortsvorsteher Helmuth Brehm und lobte den Vorstoß der Anwohner. „Als der Wolfsgraben neu gemacht wurde, war es hier herrlich ruhig“, sagt Vaupel. Dass diese Stille nicht der Realität einer Hauptstraße entspricht, ist ihm und seinem Mitbewohner klar. Doch in Sachen Sicherheit müsse sich einiges tun. „Uns wurde der Gang zum Ortsbeirat empfohlen.“
Decke und Vaupel haben die Hoffnung, gehört zu werden. „Wolfsanger soll lebenswert bleiben. Und wir wollen uns hier wohlfühlen.“
(Anna Lischper)