Deutschlands einziges Rollschuh-Magazin kommt aus Kassel

In Kassel wird seit Kurzen das einzige deutschsprachige Rollschuh-Magazin verlegt. Darin werfen die Macherinnen auch einen Blick auf Kassels Rollschuh-Vergangenheit.
Kassel – Offenbar läuft Kassel der Hauptstadt den Rang ab. Zumindest, was die Fachkompetenz im Rollsport betrifft. Hier haben Choni Flöther und ihr Team das bundesweit einzige deutschsprachige Rollschuhmagazin gegründet. „Eine Frage in meinem allerersten Interview zur neuen Zeitschrift war, warum wir unser Magazin in Kassel gegründet haben und nicht in Berlin“, erzählt die 47-Jährige. „Das fand ich ja mal eine echt doofe Frage.“
Rollschuhsport erlebt Revival
In Metropolen wie Berlin – etwa auf dem stillgelegten Flughafengelände in Tempelhof – sei Rollschuhlaufen vielleicht noch präsenter, sagt die Kasselerin. Aber ein Revival erlebe der Freizeitsport derzeit überall. Einer aktuellen Befragung zufolge fahre ein Prozent der Erwachsenen in Deutschland mindestens einmal im Jahr Rollschuh. Damit handele es sich nach wie vor um einen Nischensport. Mit dem Magazin wolle man aber möglichst viele Rollschuhfahrerinnen und -fahrer erreichen, vom Anfänger bis zum Sportprofi, vom Dorf bis zur Großstadt, vom Teenager bis zum alten Hasen, erklärt Geschäftsführerin Choni Flöther.
Macherin spielt Roller Derby bei Dynamo Windrad
Zur Renaissance der Rollschuhe habe auch die Pandemie beigetragen. Im Lockdown hätten viele die Aktivität im Freien, mit Abstand, aber trotzdem gemeinsam wiederentdeckt. „Die Rollschuhwelt ist größer als vorher“, sagt Flöther, die nach einer Rollschuhphase als Kind seit zehn Jahren Roller Derby bei Dynamo Windrad spielt. Irgendwann sei ihr aufgefallen, dass es kein ernsthaftes journalistisches Medium im Rollschuhsport gebe, so die promovierte Sozialwissenschaftlerin. „Das Thema spielt sich in sozialen Netzwerken ab oder die Informationen sind kommerziell.“ Damit war die Idee geboren. Zusammen mit ihren Roller-Derby-Kolleginnen Elisabeth Dietz (Journalistin) und Daniela Heller (Illustratorin) sowie Fotograf Johannes Kalden produziert sie aktuell die vierte Ausgabe der Zeitschrift.
Printmagazin auf Recyclingpapier
Das Printmagazin erscheint vierteljährlich, aktuell in einer Auflage von 4000 Stück. Gedruckt wird in einer Kasseler Druckerei auf Recyclingpapier. Ein Hochglanzmagazin sei nie das Ziel gewesen, sagt Elisabeth Dietz: einerseits, um die Preise erschwinglich zu halten (7 Euro pro Heft), aber auch aus ästhetischen Gründen. „Rollschuhe werden oft als Deko an wunderschönen langen Frauenbeinen vor einer Strandpromenade inszeniert“, sagt Dietz. „Wir zeigen lieber abgeschrammelte Rollschuhe, die tatsächlich gefahren werden von Menschen, die das auch können und Spaß daran haben.“
Die Themen reichen von praktischen Anleitungen, etwa zum Umfärben von Rollschuhen, und Sportlichem über Rollschuh-Geschichten und -Gesichter aus Deutschland und der Welt bis zu Vereinsporträts. Auch ein Fortsetzungscomic und ein „Starschnitt“ von Rollschuhboden gehören zum Programm. Das aktuelle Heft lässt außerdem die kurze Ära der Kasseler Rollschuhdisko in den 1980er-Jahren wieder aufleben.
Zu jeder Ausgabe gehört ein „Asphaltatlas“ mit den besten Orten zum Skaten für wechselnde Städte. Den Anfang machte dabei natürlich nicht Berlin, sondern Kassel. Die 22 rollschuhfreundlichsten Flächen in der Stadt und dem Umland gibt es – wie alle Beiträge der Reihe – auch zum Download auf der Webseite des Magazins. Wer braucht schon Tempelhof, wenn man den Fulda-Radweg und das Parkhaus Fünffensterstraße hat? rollschuhmagazin.de
Von Katja Rudolph