Uni Kassel forscht beim Thema Klimaschutz mit
Schweden macht es vor: Wie Warmmieten dem Klimaschutz helfen können
Auf den ersten Blick mag der Zusammenhang verwundern: Doch die flächendeckende Einführung von Warmmieten hätte einen positiven Effekt für den Klimaschutz. Diese Einschätzung hat zumindest Leo Reutter vom Institut für Wirtschaftsrecht der Uni Kassel.
Kassel - Reutter hat seine Ergebnisse nun mit Koautoren des Think Tanks „Agora Energiewende“ in einem Strategiepapier für die Politik veröffentlicht.
Mieter zahlen in Deutschland in der Regel eine Kaltmiete an ihren Vermieter. Nebenkosten wie Strom, Gas und Wasser werden jedoch vom Mieter ebenfalls übernommen – teils durch direkte Verträge mit Versorgern. „Dabei hat der Mieter nur begrenzten Einfluss auf den Verbrauch“, sagt Reutter. Wenn das Fenster undicht, das Haus schlecht gedämmt oder die Heizung veraltet und ineffizient ist, sei das Einsparpotenzial durch das individuelle Verhalten begrenzt.
„Weil ein Vermieter in der Regel Geld verdienen will und die Nebenkosten ohnehin nicht zu tragen hat, ist sein Interesse an energetischen Modernisierungen also eher gering“, sagt Reutter. Anders als durch den Anbau eines Balkons oder ein neues Bad mache etwa eine Wärmedämmung eine Wohnung nicht auf den ersten Blick attraktiver. „Das heißt, der Vermieter kann dafür beim Mieterwechsel oftmals keine höhere Miete durchsetzen.“
Aus Sicht von Reutter fehlt es an einer zielgerichteten Förderung im Sinne der Energieeinsparung und des Klimaschutzes. Es gebe zwar eine Modernisierungsumlage – der Vermieter darf jährlich acht Prozent der Ausgaben auf die Mieter umlegen – allerdings bemesse diese sich nur an den Kosten und nicht am Einspareffekt.
Deutlich höher wäre der Anreiz für Vermieter, so findet Reutter, wenn dieser eine Warmmiete verlangen würde und im Gegenzug die Energiekosten selbst tragen müsste. „Jede Ersparnis durch energetische Modernisierungen käme so dem Eigentümer zu Gute.“ Es gebe zwar auch das Argument, dass die Mieter durch eine Pauschale kein Interesse am energiesparenden Verhalten hätten, aber das individuelle Verhalten spiele beim Verbrauch eine geringere Rolle als der Gebäudezustand.
Dass das Prinzip der Warmmieten funktioniere, sei in Schweden seit Jahrzehnten zu beobachten. Vermieter und Mieter einigen sich dort auf eine Raumtemperatur und eine pauschale Warmmiete. Sinkt der tatsächliche Verbrauch durch Modernisierungen, landet die Einsparung in der Geldbörse des Vermieters.
Ein Hindernis ist eine EU-Richtlinie, die eine Energiekostenabrechnung erfordert, die sich am exakt bemessenen Verbrauch orientiert. Für Schweden gelte eine Ausnahme: weil dort traditionell keine Zähler in den Wohnungen installiert seien, sei eine Nachrüstung nicht kosteneffizient.
In Deutschland könne man diesem Vorbild folgen, wenn für die vereinbarte Raumtemperatur die technisch erforderliche Energie berechnet und Abweichungen mit dem Mieter abgerechnet würden. Nach einer Modernisierung würde die Referenzenergie neu berechnet, aber die Warmmiete bliebe gleich.
„Seit 2000 hat Schweden 95 Prozent des CO2-Ausstoßes im Gebäudesektor reduziert. Das zeigt, wir brauchen in Deutschland einen politischen Beschluss, um ein Warmmietensystem umzusetzen“, sagt Reutter. (Bastian Ludwig)