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Schwere Verbrennungen: Erst 4600 Kilometer entfernt gibt es Hilfe

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Von: Claudia Voß

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Kassel. Die beiden Kinder haben so schwere Verbrennungen, dass ihnen in ihrer Heimat nicht geholfen werden kann. Deshalb wurden sie von Usbekistan nach Kassel geholt, wo sie von Chirurgen im Rot-Kreuz-Krankenhaus operiert werden. Einem Kind hat das jetzt das Leben gerettet.

„Am liebsten würde ich hierbleiben“, sagt die siebenjährige Dilfuzakhon aus Usbekistan und lächelt, „hier gibt es so tolles Spielzeug.“ Nach insgesamt sechs Wochen Aufenthalt ist sie in der Station der plastischen Chirurgie im Kasseler Rot-Kreuz-Krankenhaus richtig heimisch geworden. Die Strapazen der rund 4600 Kilometer weiten Reise, den Abschied ihrer Familie im usbekischen Taschkent und den Unfall vor zwei Jahren hat die kleine Patientin, die von allen Dilfu genannt wird, fast vergessen.

Nicht ganz so zuversichtlich ist dagegen der sechsjährige Zukhriddin. Noch etwas schüchtern beobachtet der freundliche usbekische Junge das geschäftige Treiben auf den Krankenhausfluren. Ihm steht ein plastischer Eingriff erst noch bevor.

Zum Arzt nach Deutschland

Mit einem Charterflugzeug des Oberhausener Vereins „Friedensdorf International“ sind die beiden im August mit rund 70 weiteren Kindern aus Zentralasien, dem Kaukasus und Kabul für eine medizinische Behandlung nach Deutschland gekommen. Seit 1967 kümmern sich die Mitarbeiter des Vereins um Kinder aus Krisen- und Kriegsgebieten. Neben lokalen Hilfsprojekten bieten sie besonders schwer erkrankten Kindern und deren oftmals mittellosen Familien die Möglichkeit einer fachgerechten medizinischen Behandlung in Deutschland an. Verbrennungsopfer werden häufig in der Kasseler Klinik versorgt.

„Wäre Dilfu hier nicht behandelt worden, wäre sie verloren gewesen“, sagt Ricarda Kretschmann vom Hilfsverein. Vor rund zwei Jahren hatte sich die damals Fünfjährige in ihrer Heimat vermutlich bei einem Unfall mit heißem Öl tiefe Verbrennungen im Genital- und Oberschenkelbereich zugezogen. Bei der Versorgung der großflächigen Wunden seien die Ärzte an ihre Grenzen gestoßen, so Kretschmann.

Sind bei der medizinischen Behandlung zuversichtlich (von links): Dr. Mustafa Narwan, Dilfuzakhon, Professor Dr. Magnus Noah und der kleine Zukhriddin. Foto: Schachtschneider
Sind bei der medizinischen Behandlung zuversichtlich (von links): Dr. Mustafa Narwan, Dilfuzakhon, Professor Dr. Magnus Noah und der kleine Zukhriddin. © Schachtschneider

„Die Haut war in der Leistengegend fest verklebt. Dilfu muss unglaubliche Schmerzen gehabt haben, wenn sie zur Toilette gehen wollte“, vermutet Dr. Mustafa Narwan. Gemeinsam mit dem Chefarzt der Klinik für plastische Chirurgie, Professor Dr. Ernst Magnus Noah, hat sich der Assistenzarzt dem Schicksal des aufgeweckten Mädchens angenommen.

Mittels Hauttransplantationen und urologischen Eingriffen ist es den Medizinern gelungen, das Leiden ihrer jungen Patientin zu mildern. „Wie sich die Sache entwickelt, müssen wir abwarten. Weitere Behandlungen sollten auf jeden Fall in ein paar Jahren erfolgen“, sagt Noah, „aber fürs Erste kann Dilfu unbesorgt nach Hause fliegen.“

Nachhaltigere Behandlungserfolge erwarten die Mediziner dagegen bei dem jungen Zukhriddin. Im Alter von 19 Monaten hatte er sich mit glühenden Kohlen ein unteres Augenlid verbrannt. Durch die Narbenbildung hat sich das Lid zusammengezogen. Mit der Folge, dass Zukhriddin sein Auge nicht mehr vollständig schließen kann.

„Wie solche Unfälle überhaupt passieren können, ist uns ein Rätsel“, so der Chefarzt, „für die Kinder muss es ein traumatisches Ereignis sein.“ Mit einer Hauttransplantation oder einem Gewebetransfer wollen die Ärzte das betroffene Lid rekonstruieren. „Solche Eingriffe gibt es in der plastischen Chirurgie häufiger“, sagt Noah, „die Chancen, dass Zukhriddin bald wieder beide Augen zumachen kann, stehen also gut.“

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