1. Startseite
  2. Kassel

Spanner-Arzt vor Gericht: Kasseler Internist filmte Mitarbeiterinnen auf Toilette

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Bastian Ludwig

Kommentare

Symbolbild zum Thema Arzt
Hat gegen den ärztlichen Ethos verstoßen: Ein Kasseler Arzt hat viele Monate lang seine Mitarbeiterinnen in intimen Situationen - wie beispielsweise auf dem Klo - gefilmt. Nun soll er Schmerzensgeld zahlen. © dpa

Kassel. Als sie die Tür zum Saal 1 des Kasseler Arbeitsgerichtes öffnet, entfährt es der Klägerin schockiert: "Er ist da".

Aktualisiert am 26. Januar um 17.11 Uhr - Mit "Er" ist der ehemalige Kasseler Internist gemeint, der über viele Monate hinweg seine Mitarbeiterinnen in der Personaltoilette und in der Umkleide in intimen Situationen filmte.

Dazu montierte er einen fingergroßen USB-Stick mit eingebauter Kamera in den Praxisräumen. Eine der ehemaligen Mitarbeiterinnen versucht seit Donnerstag, ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro vor dem Arbeitsgericht zu erstreiten.

Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt: Der Arzt, der inzwischen einen Strafbefehl erhalten hat und nicht mehr praktiziert, war im Frühjahr 2015 aufgeflogen. Seinerzeit entdeckte eine Mitarbeiterin zufällig die intimen Bilder auf dessen Computer. Der Arzt versuchte sich zunächst herauszureden, räumte die Tat aber schließlich ein.

Mit wie viel Scham das Thema verbunden ist, war im Gerichtssaal zu spüren. So gab es nicht einen Blickwechsel zwischen Klägerin und Beklagtem. Die Frau, die offensichtlich bis heute unter den Erlebnissen leidet, blieb zunächst ruhig. Als ihr ehemaliger Chef und dessen Anwalt kurz den Saal verließen, um sich über ein mögliches Vergleichsangebot zu beraten, brach sie in Tränen aus. „Ich kann den nicht angucken, der hat so viel kaputtgemacht“, sagt die Frau. Ihr werde schlecht, wenn sie daran denke, dass dieser Mann ihr früher Anweisungen gegeben habe.

Die Klägerin hatte bereits Gelegenheit, Teile der Videoaufnahmen bei der Landesärztekammer einzusehen, die ebenfalls gegen ihr früheres Mitglied ermittelt hatte. Man habe auf den Bildern „jedes Schamhaar“ der Kolleginnen zählen können, so intim sein die Aufnahmen. Besonders schlimm sei, dass auch ihre Tochter gelegentlich die Personaltoilette besucht habe.

Als der Beklagte und dessen Anwalt den Saal wieder betraten, machten sie klar, dass es aus ihrer Sicht keinen Anlass gibt, die Schmerzensgeldforderung zu erfüllen. Auch das Vergleichsangebot der Richterin von 5000 bis 8000 Euro lehnten sie ab. Nach Meinung des Arztes gibt es keine Aufnahmen von der ehemaligen Angestellten. In der Praxis hatten ein Dutzend Mitarbeiterinnen gearbeitet.

Die ehemalige Klägerin ist sich sicher, dass auch sie auf den Videos zu sehen war. Das Material liegt allerdings noch bei der Staatsanwaltschaft und soll nun für einen weiteren Gerichtstermin ausgewertet werden. Allerdings war seinerzeit nur das Material von drei Monaten sichergestellt worden. Weil der USB-Speicher begrenzt ist, waren ältere Dateien gelöscht.

Die Richterin machte beim Gütetermin am Donnerstag deutlich, dass selbst dann, wenn sich nicht beweisen lasse, dass intime Videos von der Klägerin gemacht wurden, der ehemalige Arzt möglicherweise dennoch Schadensersatz zahlen müsse. „Wenn die Frau nicht ausschließen kann, dass sie gefilmt wurde, ist das eventuell schon eine Persönlichkeitsverletzung.“

Geldstrafe für Filmen auf Klo

Die intimen Videoaufnahmen, die der ehemalige Kasseler Arzt von seinen Mitarbeiterinnen gemacht hat, sind juristisch gesehen ein niederschwelliges Delikt. Der Straftatbestand lautet „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Insofern endete das Strafverfahren gegen den Arzt im Jahr 2016 nur mit einem Strafbefehl, der mit einer Geldstrafe verbunden war. Wie hoch die Geldstrafe war, dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft seinerzeit nicht äußern.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion