Sprit trotz Steuerentlastung wieder teurer: Das sagen Kasseler Autofahrer

Wer tankt, zahlt aktuell weiterhin viel für den Sprit, trotz Tankrabatts. Was sagen Tankstellenmitarbeiter und Autofahrer in Kassel dazu?
Kassel – Geschimpfe wegen der hohen Spritpreise bekomme sie nicht zu hören, sagt die junge Frau, die an der Aral-Tankstelle in der Kohlenstraße arbeitet. „Die Kunden sehen ja an der Anzeigetafel, was es kostet und bezahlen es eben.“ „Ich glaube nicht, dass sehr viele jetzt auf die Bahn umsteigen“, meint ihr Kollege bei Esso. „Die Menschen müssen ja zur Arbeit kommen.“ Und: „Die Politik muss mehr durchgreifen.“
Zum ersten Juni ist die Energiesteuer auf Benzin und Diesel auf das EU-Mindestmaß gesenkt worden, dadurch fällt auch weniger Mehrwertsteuer an. Werden die bis Ende August geltenden Rabatte voll an die Verbraucher durchgereicht, sollte ein Liter Benzin rund 35 Cent und Diesel rund 17 Cent billiger werden. Doch die Realität an den Zapfsäulen sieht anders aus.
Spritpreise steigen trotz Tankrabatt: Pendler haben es schwer
Kostete der Sprit in Kassel zu Monatsbeginn weniger als 1,90 Euro je Liter, kratzten die Preise am Wochenende wieder an der Zwei-Euro-Marke. Selbst in einen Kleinwagen gluckern so gut 70 Euro hinein. Wer beruflich pendelt, verfährt diese Summe mitunter schon allein auf dem Weg zur Arbeit.
Dabei verändern sich die Preise mehrmals am Tag – und das nicht erst seit dem Ukraine-Krieg: Die beim Bundeskartellamt angesiedelte Markttransparenzstelle für Kraftstoffe, die das Preisgeschehen an den Tankstellen registriert, zählte schon 2021 in acht untersuchten Städten mindestens 18 Änderungen pro Tag. Achten die Kunden auf diese Schwankungen? „Nein, sagt ein älterer Herr, der seinen Mercedes an der Esso-Tankstelle in der Kohlenstraße befüllt. „Wenn ich tanken muss, dann tanke ich.“
Der nächste Kunde sieht es genauso: Er habe sein Tankverhalten nicht verändert, sagt er. Seine Partnerin fügt an: „Ich mache den Tank ohnehin nicht ganz voll.“
Kassel: Hohe Benzin- und Dieselpreise trotz Tankrabatt: „Das wirft natürlich Fragen auf“
Die Mineralölkonzerne halten sich beim unliebsamen Preisthema zurück. Aral und Shell antworteten auf Anfragen dieser Zeitung bislang nicht. ExxonMobil (Esso) verweist auf den Branchenverband en2x Fuels und Energie, den früheren Mineralölwirtschaftsverband. Dessen Sprecher Alexander von Gerstorff führt die „kontinuierlich steigenden Beschaffungskosten für Benzin und Diesel am Weltmarkt“ ins Feld, die nicht nur Deutschland beträfen.
Dem Bundeskartellamt genügt diese Erklärung nicht. Wenn man die Steuersenkung herausrechne, sei der Preis an der Tankstelle seit Ende Mai stärker gestiegen als der Rohölpreis, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Freitag. „Das wirft natürlich Fragen auf.“
„Die hohen Preise liegen daran, dass der Staat nicht in der Lage ist, eine Übergewinnsteuer einzuführen“, sagt ein Rosenheimer, der an diesem Samstagnachmittag bei Esso tankt. „Wir waren in Italien und in Österreich, da ist das Preisniveau ähnlich.“
Ein Liter Diesel kostet zu diesem Zeitpunkt 2,029 Euro, Benzin (E 10) liegt bei 1,969 Euro. Der Wagen des Rosenheimers fährt weg. Einige Minuten später springt die Anzeigentafel wieder um: Diesel ist um zwei Cent teurer geworden, Benzin um einen Cent.