Kassel / Wolfhagen. Im Missbrauchsprozess gegen den ehemaligen Leiter des Wolfhager Einwohnermeldeamts hat die Staatsanwaltschaft am Freitag zwölf Jahre Gefängnis gefordert. Außerdem beantragte Oberstaatsanwältin Andrea Boesken, den 55-Jährigen nach der Haftstrafe in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Sonst wären nach seiner Entlassung weitere „erhebliche Straftaten“ von ihm zu erwarten.
„Zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Täter allein durch die Haft eine Haltungsänderung erfahren wird“, sagte Boesken der HNA. Ihren Schlussvortrag hatte sie aufgrund einer seit knapp sechs Monaten geltenden Neuregelung unter Ausschluss der Öffentlichkeit halten müssen.
Dem Angeklagten legte sie in leichter Abweichung von der Anklage 177 Fälle des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie das Verbreiten von Kinderpornos zur Last. Der Wolfhager hatte gestanden, sich über fast 20 Jahre hinweg immer wieder an kleinen Mädchen vergangen zu haben. Viele seiner Taten hielt er dabei auf Fotos und Videos fest. Fast 40 000 kinderpornografische Dateien waren auf seinem Computer entdeckt worden. Seine Opfer sind heute zwischen sieben und 22 Jahre alt. Bei der Ältesten sind mögliche Schmerzensgeldansprüche verjährt. Den vier anderen, so die Nebenklageanwälte, soll der Angeklagte jeweils mindestens 15 000 Euro zahlen.
„Die Folgen für die Mädchen wurden im Prozess ein bisschen bagatellisiert“, sagte Rechtsanwalt Hans-Werner Osterberg, der die beiden jüngsten Opfer vertritt. Es sei nicht absehbar, wie sehr die Kinder durch die Übergriffe traumatisiert worden seien. „Dafür müssen sie entschädigt werden.“
Verteidiger Ullrich Goetjes wird sein Plädoyer am Montag halten – ohne Zuhörer. Die für denselben Tag vorgesehene Urteilsverkündung ist aber wieder öffentlich. 3. Seite