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Zwangsvollstreckungsverfahren: Stadt Kassel treibt Geld für den Rundfunk ein

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Von: Andreas Hermann

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Wer den Rundfunkbeitrag nicht zahlt, dem droht am Ende der Auseinandersetzung mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ein Zwangsvollstreckungsverfahren. Die Stadt Kassel leistet dabei in rund 3900 Verfahren pro Jahr Amtshilfe. © Arno Burgi/dpa

Amtshilfe für den Rundfunk: Stadt Kassel betreibt im Schnitt knapp 3900 Vollstreckungsverfahren gegen säumige Beitragszahler pro Jahr.

Kassel – Egal, ob er einen Fernseher, ein Radio oder ein anderes Empfangsgerät hat: Seit dem Jahr 2013 muss jeder Haushalt in Deutschland einen Rundfunkbeitrag (früher: eine Rundfunkgebühr) zahlen. Aktuell liegt die Abgabe an die öffentlich-rechtlichen Sender bei 18,36 Euro pro Monat und Haushalt.

Wer seinen Rundfunkbeitrag nicht zahlt, dem droht am Ende der Auseinandersetzung mit dem Beitragsservice der Sender ein Zwangsvollstreckungsverfahren. Da aber ARD, ZDF und Co. keine Behörde sind und daher nicht selbst „vollstrecken“ können, ersuchen sie Städte und Gemeinden, für sie die ausstehenden Zahlungen einzutreiben. In der Stadt Kassel kommen durch diese Amtshilfe für den Hessischen Rundfunk (HR) pro Jahr knapp 3900 Zwangsvollstreckungsverfahren gegen säumige Rundfunkbeitrags-Zahler zusammen. Der Gesamtwert der Verfahren liegt im Schnitt bei jährlich rund einer Million Euro.

Einen Überblick davon hat Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) jetzt im Finanzausschuss auf Anfrage der AfD-Fraktion gegeben. Demnach sind von Januar bis Oktober 2021 – für das gesamte Jahr liegen noch keine Zahlen vor – 2200 Zwangsvollstreckungsverfahren von der Stadt gegen zahlungssäumige Personen betrieben worden. Gesamtwert der Streitfälle: rund 783 000 Euro.

2020 waren es laut Geselle insgesamt 3600 Verfahren und 980 000 Euro, 2018 genau 3671 Verfahren und 943 000 Euro und 2016 exakt 4361 Verfahren mit einem Gesamtwert von 1,3 Millionen Euro. Zum Vergleich: Ende 2021 waren in Kassel insgesamt knapp 110 000 Haushalte gemeldet, gegen knapp 3900 Haushalte läuft jährlich ein Zwangsvollstreckungsverfahren wegen der Rundfunkbeiträge.

Wie die Stadt auf HNA-Anfrage berichtet, wird die Amtshilfe nur für Personen übernommen, die ihren Lebensmittelpunkt im Stadtgebiet haben. Der Hessische Rundfunk führe im Vorfeld eines Amtshilfeersuchens einen Datenabgleich mit den Meldebehörden durch, um die verantwortliche Person eines Haushaltes oder einer Wohngemeinschaft zu ermitteln. Gegen diese Person richte sich dann das Ersuchen.

Bei der Stadt Kassel ist das Amt für Kämmerei und Steuern für die Finanzen zuständig, dazu gehört ein zentraler Vollstreckungsdienst für eigene und fremde öffentlich-rechtliche Forderungen. Bei den Verfahren in Kassel sei Gläubiger der Hessische Rundfunk und nicht der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio (siehe Bericht unten), betont ein Stadtsprecher. Sollten Zweifel an der Richtigkeit der ermittelten verantwortlichen Person auftreten, gebe die Stadt das Amtshilfegesuch daher an den Hessischen Rundfunk zurück.

Ob für die Stadt die Möglichkeit besteht, die Amtshilfe abzulehnen, wollte die AfD unter anderem mit ihrer Anfrage wissen. „Nein, wir sind verpflichtet dazu“, lautete die Antwort von OB Geselle im Finanzausschuss.

Nach seinen Angaben ist die Eintreibung der säumigen Forderungen bei rund 65 Prozent der Fälle erfolgreich. Reich wird die Kassel dadurch aber nicht. Das Geld, das sie eintreibt, muss sie an den Sender weiterleiten. Die Stadt erhält für ihre Amtshilfe eine Aufwandsentschädigung vom HR. Die pauschale Erstattung betrage zehn Prozent der Vollstreckungssumme, so Geselle. Das mache pro Jahr zwischen 110 000 und 135 000 Euro aus. Diesem Erstattungsbetrag stünden Personalkosten für die damit befassten städtischen Mitarbeiter von mehr als 100 000 Euro gegenüber.

Der Rundfunkbeitrag ersetzt seit 2013 die Rundfunkgebühr. Um die Abwicklung der Beitragszahlungen kümmert sich seither nicht mehr die Gebühren-Einzugs-Zentrale (GEZ), sondern in der Regel der Beitragsservice, den die neun in der Arbeitsgemeinschaft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten sowie das ZDF und das Deutschlandradio gemeinsam betreiben.

Nach dem Jahresbericht 2020, der 2021er liegt noch nicht vor, nahm der Beitragsservice rund 8,1 Milliarden Euro ein, 41,8 Millionen mehr als 2019. An die ARD gingen 5,7 Milliarden Euro, an das ZDF zwei und an das Deutschlandradio 231,9 Millionen Euro. rundfunkbeitrag.de

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