Bei Fahrraddemo in der Kasseler Karlsaue gab es Applaus auch von Spaziergängern

2000 Unterschriften bei einer Online-Petition, 200 Teilnehmende bei einer Fahrraddemo: Viele Menschen in Kassel wünschen sich eine legale Fahrradverbindung durch die Karlsaue. Auch viele Spaziergänger sind dafür.
Kassel – Eine Fahrrad-Demo, bei der alle schieben, gab es wohl auch noch nicht in Kassel: Geschätzte 200 Menschen haben sich am Sonntag einer Demonstration für eine legale Fahrradquerung in der Karlsaue angeschlossen. Aufgerufen dazu hatten der Fahrradclub ADFC und die Initiative Radentscheid Kassel.
Dabei hielten sich die Teilnehmenden an die geltenden Regeln im Park, um deren Änderung es ihnen geht, und stiegen auf der Strecke vom Goldenen Tor an der Menzelstraße bis zur Orangerie vom Sattel ab. „Ihr seid aber leise“, rief ein Passant dem langen Radfahrer-Zug zu, „macht doch wenigstens mal Krach mit Euren Klingeln“. Genau darauf verzichteten die Demonstranten, um die „Ruhe und Beschaulichkeit“ des barocken Parks nicht zu stören, wie Mitorganisator Dietrich Bohse vom ADFC beim Start am Auestadion erklärt hatte.
Von der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK) als Hausherrin der Karlsaue wird unter anderem auf Beschwerden von Spaziergängern verwiesen, um das Radfahrverbot zu begründen. Die wenigen Fußgänger, die bei dem ungemütlichen Wetter am Sonntag in der Aue unterwegs waren, zeigten allerdings Sympathie für das Anliegen der Radfahrer. „Die Aue ist unser Wohnzimmer“, sagte Lena Hübert, die mit ihrem Mann Björn in der Südstadt wohnt und trotz Nieselregen einen Spaziergang unternahm. Auch mit dem Fahrrad seien sie oft im Park unterwegs, gab die 78-Jährige zu. Sie habe gerade die Online-Petition für einen Fahrradweg durch den Park unterschrieben. „Das Verbot ist absolut unsinnig“, pflichtete ihr 81-jähriger Mann ihr bei.
Mehr als 2100 Menschen haben die vom ADFC initiierte Online-Petition bislang unterstützt. Darin wird eine legale Verbindung für Radfahrer von der Menzelstraße zum Auedamm auf Höhe der Kunsthochschule gefordert. Wer mit dem Rad zwischen der Südstadt und Waldau unterwegs ist und sich an die Parkregeln hält, muss bislang große Umwege in Kauf nehmen.
Dass die MHK sich seit Jahren gegen eine Öffnung für Radfahrer sperre, sei ein Ärgernis, sagte Robert Wöhler vom ADFC zum Auftakt der Demo. „Dieses kurfürstliche Gebaren muss ein Ende haben.“ Gerade mit Blick auf die Klimakatastrophe sei es wichtig, dem umweltschonenden Verkehrsmittel Fahrrad mehr Rückenwind zu verschaffen, so Wöhler. Dazu gehörten gute Wegeverbindungen für Radfahrer. Stefan Wiegand nahm mit seiner erwachsenen Tochter an der Demo teil. „Das ist eine superwichtige Verbindung“, sagte der 60-Jährige über den Weg durch die Aue. „Da bin ich schon als Kind lang geradelt, wenn ich Training im Auebad hatte.“ Seine Tochter Marlene Nagel (28), die in der Südstadt wohnt, fährt heute auch regelmäßig durch die Aue zum Schwimmen und zum Schrebergarten einer Freundin in den Waldauer Wiesen – mit dem Fahrrad. „Ich mach das einfach“, sagte sie. Probleme mit Fußgängern habe sie noch nie erlebt. „Wenn alle aufeinander Rücksicht nehmen, sollte das doch möglich sein.“ (Katja Rudolph)