Familienausflug zu den Ärzten: 20.000 Menschen aller Generationen rockten im Auestadion

Von „Junge“ bis es ist nie „zu spät“: Am Samstagabend im Auestadion feierten Menschen von sechs Jahren bis ins Rentenalter eine Rock-Party mit den Ärzten.
Kassel – Schon Stunden bevor die Ärzte auf die Bühne kommen, ist die Stimmung vor dem Auestadion blendend. Das merkt auch Luisa Finis, die mit Freundinnen ans Auestadion gekommen ist, um ihren Junggesellinnenabschied zu feiern. Sie macht gute Geschäfte aus ihrem Bauchladen: „Hier sind die Leute so entspannt“, sagt die 28-Jährige aus Oberelsungen. Was sich am besten verkauft? „Schnaps, eindeutig“, sagt die Braut in spe.
Ein paar Meter weiter hat sich eine Freundesclique auf der Wiese niedergelassen und verewigt den Beginn des Konzertabends mit einem Selfie. „Wir sind alle zum ersten Mal bei den Ärzten“, sagt Annika Dietz mit einem Blick in die Runde. 2013, als die Band zuletzt beim Hessentag in Kassel auftrat, „war es kohletechnisch noch nicht drin“, sagt die Krankenpflegerin aus Kassel, die damals wie viele ihrer Freunde noch in der Ausbildung steckte.
Ihr Kumpel Philipp Croll kennt die Musik der Ärzte von seiner Mutter. Auch sein Kindergartenfreund Hendrik Mösta hört die Ärzte, seit er zwölf Jahre alt ist. „Ich kann alles auswendig.“ Die Lieder seien für ihn „wegbereitend und lebensbegleitend“, formuliert es der Kasseler – etwa „Wie es geht“, das davon handelt, wie man es offenbart, dass man verliebt ist.
Diese Lebenshilfe werden die Ärzte später auch live im Stadion leisten. Annika Dietz freut sich vor allem auf „alles, was gegen Nazis ist.“ Ihr Wunsch wird später mit dem Titel „Schrei nach Liebe“ erfüllt. Auch die Vorband Kafvka mit ihrem Song „Alle hassen Nazis“ will sie nicht verpassen.
Aus der Nähe von Frankfurt sind Tina und Marcel Geminn mit ihrem Sohn Byran nach Kassel gekommen. „In Frankfurt gab es keine Karten mehr“, sagt die 36-Jährige. Im Radio habe sie zufällig gehört, dass für Kassel noch Tickets zu haben sind. Mit Live-Musik in Nordhessen hat sie außerdem schon gute Erfahrungen gemacht: Seit 2006 kommt sie regelmäßig zum Open-Flair-Festival nach Eschwege. Auch für Sohn Bryan ist es nicht das erste Live-Konzert. „Er war schon bei DJ Bobo“, verrät die Mutter und lacht. Aber ein mit 20 000 Menschen fast volles Stadion hat der 14-Jährige noch nicht erlebt.
Damit hatte die selbst ernannte beste Band der Welt rund 5000 Besucher weniger als die Toten Hosen, die am Donnerstag aufgetreten waren. Das war auch an den Getränkeständen zu spüren, wo es diesmal keine Probleme gab. Das Hosen-Publikum sei bekannt dafür, dass es mehr trinkt, hört man vom Veranstalter Primetime Entertainment. Wer weiß, wie viel Umsatz Junggesellin Luisa am Donnerstag vor dem Auestadion gemacht hätte. Die Ärzte-Fans jedenfalls waren auch mit weniger Promille bester Stimmung beim Konzert. (Katja Rudolph)
