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Weltfrauentag: Tamari Tvildiani ist Herzchirurgin am Klinikum Kassel

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Von: Anna Lischper

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Tamari Tvildiani steht vor dem OP-Bereich der Klinik für Herzchirurgie am Klinikum Kassel.
Zielstrebig und erfolgreich: Tamari Tvildiani ist Oberärztin der Klinik für Herzchirurgie und leitet das Kunstherzprogramm am Klinikum Kassel. © Anna Lischper

Zielstrebig und erfolgreich in einem männerdominierten Beruf: Tamari Tvildiani ist Oberärztin der Klinik für Herzchirurgie und leitet das Kunstherzprogramm am Klinikum Kassel.

Wenn Tamari Tvildiani am OP-Tisch steht, liegt das Leben des Patienten in ihren Händen. Die 33-Jährige ist Herzchirurgin und hat sich bewusst dafür entschieden, diese Verantwortung zu übernehmen. Um ihr Ziel zu erreichen, kam sie von Georgien nach Deutschland und machte ihren Weg in einem männerdominierten Beruf – mit ein bisschen Glück und viel Ehrgeiz.

Seit acht Jahren arbeitet die gebürtige Georgierin, die außerdem Mutter eines achtjährigen Sohnes ist, in der Klinik für Herzchirurgie am Klinikum Kassel. Seit zwei Jahren ist sie dort Oberärztin. Täglich geht es in geplanten Operationen und Notfall-OPs darum, mit ihrem Handwerk die Herzfunktion ihrer Patienten aufrecht zu erhalten – oft die lebenserhaltende Basis.

Tvildiani gehört zu einem Team von fünf Oberärzten, drei Oberärztinnen, sechs männlichen und zwei weiblichen Assistenzärzten – ein guter Schnitt im bundesweiten Vergleich. „Viele Frauen fangen in der Herzchirurgie an und wechseln nach wenigen Jahren in einen anderen Bereich“, ist ihre Erfahrung. Sie begründet das mit der hohen Belastung. „Du musst immer bereit sein und konzentriert. Da bleibt keine Zeit für andere Gedanken. Und du musst die Verantwortung wollen.“

Tvildiani hat diese gesucht. Seitdem sie als siebenjähriges Mädchen selbst operiert wurde, wollte sie Chirurgin werden. In Georgien begann sie viele Jahre später ein Medizinstudium, bekam Einblick in viele Bereiche. „Nur in den OP durfte ich nicht, weil dieser Bereich Männern vorbehalten ist.“ Sie führte ihr Studium im spanischen Alicante fort. „Ich sah dort zum ersten Mal, wie ein Herz bei offenem Brustkorb schlägt. Das hat mich fasziniert und mich darin bestärkt, Herzchirurgin werden zu wollen.“

Zusammen mit ihrem heutigen Mann Irakli Lursmanashvili, damals Medizinstudent in Georgien, heute Assistenzarzt in der Unfallchirurgie des Diakonissenkrankenhauses, ging sie nach Deutschland. Dafür hatte sie schon in Spanien ein Jahr lang Deutsch gelernt.

Mit dem EU-Abschluss und der Approbation bewarb sie sich auf Stellen in ganz Deutschland, darunter auch in Kassel. „Im Sommer 2014 kam mein Sohn Georgi per Kaiserschnitt zur Welt, und eine Woche später fuhr ich zu Vorstellungsgesprächen“, erinnert sie sich. Im Dezember 2014 trat sie ihre erste Stelle in der Uniklinik Würzburg an – wechselte ein knappes Jahr später in das Klinikum Kassel.

In Würzburg habe sie sich schwer in das Team eingefunden, fühlte sich nicht wahrgenommen. „Und wenn man so unerfahren ist, hält dich keiner fest.“ Sie nahm ihr Schicksal wieder selbst in die Hand, schrieb ihrem heutigen Chef, dem Chefarzt Dr. Ali Asghar Peivandi, der ihr eine Stelle anbot. „Es war mutig, so frisch wieder zu wechseln. Aber wenn ich es nicht ausprobiere, weiß ich nicht, wie es wird“, sagt sie rückblickend.

Die Zukunft, die liegt zum Großteil in ihrer eigenen Hand, ist Tvildiani sicher. „Ich hatte viel Glück, aber ich hatte auch Ziele und habe nicht gewartet, bis ein Gesetz den Weg ebnet.“ Immer hatte sie den Rückhalt von Freunden und Familie: „Sie haben immer wieder gesagt, du hast schon so viel erreicht, jetzt sei mal stolz auf dich. Irgendwann habe ich das verinnerlicht. Es ist so wichtig, stolz auf sich sein zu können.“

Das Durchboxen allerdings höre nicht auf. „Sobald man im Beruf mehr Verantwortung bekommt, auch etwas zu sagen hat, wird man ernster genommen“, sagt die Frau, die fünf Sprachen spricht. „Je mehr ich mich operativ weiterentwickele, desto mehr werde ich von Kollegen gesehen.“

Tvildiani wünscht sich, dass sich Frauen gegenseitig mehr unterstützen. „Frauen in höheren Positionen können andere mit hochziehen.“ Um berufs- und gesundheitspolitische Interessen zu vertreten, ist sie seit 2017 Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, deren Vorstand sie mittlerweile angehört. „Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt die 33-Jährige.

Dass sie parallel zu ihren eigenen Interessen nicht in dem Maße für ihr Kind da sein kann, wie es andere Mütter sind, nimmt sie in Kauf. „Die Zeit, die ich mit meinem Sohn zusammen habe, an freien Tagen oder im Urlaub, ist dafür umso intensiver.“ Und schließlich ist da ja auch noch ihr Mann, der sie sehr unterstützt.

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