Möglicherweise Teile der Akropolis in Kasseler Altstadt

Kassel. Von dem einst imposanten Barockbau an der früheren Marktgasse 17 hat der Krieg nur den Torbogen übrig gelassen. Und selbst der steht nicht mehr an seinem ursprünglichen Platz, weil die Marktgasse im Zuge des Wiederaufbaus komplett aus dem Stadtbild verschwand.
Was aufmerksame Passanten heute an der Straße „Graben 20“ als Überbleibsel erspähen können, hat eine interessante Geschichte. HNA-Leser Lothar Vaupel kennt diese gut. Denn seine Vorfahren lebten lange in dem Haus an der Marktgasse 17.
Erbaut wurde dieses 1697 vom Stadtkommandanten Georg du Mont. Dessen Vater war als Hugenotte nach Kassel eingewandert. Bevor der

Sohn seinen Neubau in der Altstadt errichtete, führte er in Griechenland ein von Hessen-Kassel entsandtes Regiment, um dort gegen die osmanischen Besatzer zu kämpfen. Die letzten Kämpfe fanden an der Athener Akropolis statt, wo sich die Türken verschanzt hatten.
Lothar Vaupel, dessen Urgroßvater das Gebäude 1870 gekauft hatte, erinnert sich an eine Geschichte, die man sich in seiner Familie erzählte. Nach dieser soll Bauherr du Mont bei seinem Aufenthalt in Griechenland Bruchstücke von der Akropolis mitgehen lassen haben und in seinem Haus an der Marktgasse verbaut haben. Ob es sich um eine Legende handelt, konnte nie geklärt werden, so Vaupel.
Aber auch sonst hat das Haus eine bewegte Geschichte: Zeitweise

befand sich in ihm die erste Frauenfachschule und in den Räumen wurde das „Kasseler Tageblatt“ gegründet und gedruckt. Im ersten Stock befand sich der Saal der französischen Gesandtschaft am kurhessischen Hof, der von alten Deckengemälden geziert wurde. Als die Vaupels das Gebäude übernahmen, eröffneten sie in dem Haus einen Großhandel für Kurzwaren und Spielzeuge. „Mein Großvater belieferte etliche Kolonialwarenläden im Kasseler Umland“, erzählt Vaupel.
Unter dem Haus gab es Gewölbe und Gänge, die weit älteren Ursprungs waren – sie stammten noch von zwei Vorgängerbauten, die

sich bis 1697 auf dem Grundstück befunden hatten. In diesen Kellern kam der Großvater von Lothar Vaupel in der Bombennacht am 22. Oktober 1943 um. Obwohl nach dem Krieg noch zwei Stockwerke des Gebäudes übrig waren, wurde es mit Ausnahme des Torbogens abgerissen.
Schließlich wurden die Vaupels enteignet, weil die Stadt das Trümmergrundstück für den Wiederaufbau der Altstadt benötigte.