Energiezuschuss in Kassel beschäftigt nun auch Bundesregierung

Die Bundestagsfraktion Die Linke hat eine Anfrage zur Anrechenbarkeit des Einwohner-Energie-Geldes gestellt. In Kassel ist dafür noch keine Mehrheit in Sicht.
Kassel – Das in Kassel geplante Einwohner-Energie-Geld wird sogar die Bundesregierung beschäftigen. Dabei bleibt nach dem Bruch der grün-roten Koalition im Stadtparlament unklar, mit welcher Mehrheit der Zuschuss überhaupt beschlossen werden kann. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Kasseler Energiegeld:
Warum wird das Kasseler Einwohner-Energie-Geld nun Thema in Bundestag und Bundesregierung? Wegen einer Kleinen Anfrage, die jetzt die Bundestagsfraktion Die Linke gestellt hat. Sie will von der Bundesregierung Auskunft darüber, ob und inwieweit kommunale Energiezuschüsse auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) angerechnet werden und ob es Wege gibt, diese Anrechnung zu verhindern.
Was hat das mit den Plänen in Kassel zu tun? Bei ihrer Anfrage bezieht sich die Bundestags-Linke auf den in Kassel vorgeschlagenen Energiezuschuss von 75 Euro für jeden Bewohner. Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) hat dazu mehrfach betont, dass nach rechtlicher Einschätzung der Stadt dieser einmalige Energiezuschuss nicht angerechnet werden muss. Auf kassel.de gibt die Stadt auf die Frage „Muss das Einwohner-Energie-Geld auf andere Sozialleistungen angerechnet werden?“ die Antwort „Nein“.
Wird die Einschätzung der Bundesregierung vor dem Beschluss der Stadtverordneten vorliegen? Das ist ungewiss. Der Stadtverordnetenbeschluss über den Nachtragshaushalt 2022, der mehr als 15 Millionen Euro für das Einwohner-Energie-Geld vorsehen soll, steht in der nächsten Sitzung am 18. Juli an. Wie ein Sprecher der Bundestagsfraktion von Die Linke berichtete, müsste ihre Anfrage regulär bis 5. Juli beantwortet werden. Allerdings könne es sein, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sie verlängere. Dann käme die Antwort erst am 19. oder 20. Juli – also nach der Stavo in Kassel.
Der Fraktionssprecher bezeichnete das als ärgerlich, weil die Anfrage bereits am 6. Juni eingereicht, aber erst mit knapp zweiwöchiger Verzögerung vom Parlamentsbüro bearbeitet worden sei. Ob sie für die Entscheidung in Kassel überhaupt eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten.
Geht die Anfrage im Bundestag auf Hinweis der Kasseler Linken zurück? „Die Anfrage wurde durch eine Rückfrage der Kasseler Linken ausgelöst“, sagte der Sprecher der Bundestagsfraktion. Weil man sie aber nicht abschließend beantworten konnte, habe man sie an die Regierung gerichtet.
Ist denn die Frage der Anrechenbarkeit in der Kasseler Stadtpolitik noch von Bedeutung? Durchaus. Zweifel an der rechtlichen Einschätzung von OB und Stadt haben nämlich nicht nur die Linken, sondern auch die Grünen, die den Energiezuschuss ja nicht mittragen wollen. Nach Informationen unserer Zeitung haben die Grünen das durch mehrere Rechtsgutachten prüfen lassen. Alle sollen zu dem Ergebnis gekommen sein, dass der Zuschuss eben doch auf sonstige Leistungen angerechnet werden muss.
Zeichnet sich in Kassel mittlerweile eine Mehrheit für das Energie-Geld ab? Nein, noch ist dafür keine Mehrheit erkennbar. Klar ist, dass die SPD den Nachtrag und damit den Energiezuschuss mittragen wird. CDU-Fraktionschef Michael von Rüden hat gegenüber der HNA betont, dass es bei der bereits angekündigten Zustimmung der Christdemokraten für den Energiezuschuss und den Nachtrag bleiben wird. SPD und CDU kommen in der Stadtverordnetenversammlung aber nur auf 31 Stimmen. Für die Mehrheit werden mindestens 36 der 71 Sitze gebraucht.
Welche Mehrheiten sind überhaupt denkbar? Wie zu hören war, finden seit dem Bruch der Koalition eine ganze Reihe von Gesprächen hinter den Kulissen statt. Um Nachtrag und Energiezuschuss durchzubringen, benötigen SPD und CDU fünf weitere Stimmen. Es reicht also nicht aus, wenn man allein die beiden Freien Wähler oder allein die vierköpfige FDP-Fraktion dazu bewegen könnte. Aus jetziger Sicht wäre eine Mehrheit wohl am ehesten denkbar, wenn andere Fraktionen/Stadtverordnete sich bei der Abstimmung enthalten würden. Dann könnten die Stimmen von CDU und SPD reichen.