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Kassel: Wut über Strafzettel vor Supermarkt – Anwohnerin will „auf keinen Fall bezahlen“

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Sie will die Strafe nicht zahlen: Rahele Nematollahi sagt, dass es Mitte Februar noch keine Hinweisschilder des Überwachungssystems in dem Bereich gab, wo sie ihr Auto abgestellt hatte.
Sie will die Strafe nicht zahlen: Rahele Nematollahi sagt, dass es Mitte Februar noch keine Hinweisschilder des Überwachungssystems in dem Bereich gab, wo sie ihr Auto abgestellt hatte. © Ulrike Pflüger-Scherb

Die Parkplätze von Rewe, Aldi und weiteren Geschäften in Kassel werden seit Januar digital überwacht. Parksünder werden seitdem zur Kasse gebeten.

Kassel – Rahele Nematollahi, Bewohnerin des Hochhauses am Kirchweg 31, ist sauer. Kürzlich bekam sie Post von dem Unternehmen Parkdepot aus München. In dem Schreiben heißt es, dass sie 40 Euro zahlen muss, weil sie am 14. Februar einen Parkverstoß begangen habe. 14 Stunden lang habe ihr Auto auf dem Privatparkplatz von Rewe am Kirchweg gestanden.

Die 36-jährige Mieterin räumt ein, dass sie ihren Wagen dort geparkt habe. Aber sie habe nicht gewusst, dass das mittlerweile verboten sei und die Firma Parkdepot mit Kameras überwache, wer seinen Wagen dort abstellt. Sie habe damals zudem keine Hinweistafel gesehen, die auf das neue Überwachungssystem hinweist.

Kassel: Kennzeichen von Autos auf Rewe-Parkplätzen und Aldi-Parkdeck gescannt

Die HNA hatte Mitte Januar darüber berichtet, dass die Kennzeichen von Autos, die auf den Parkplätzen vor Rewe am Kirchweg oder auf dem Parkdeck vor Aldi stehen, gescannt werden. Das geschehe bei der Ein- und Ausfahrt, teilte die Frankfurter Hausverwaltung HIH Pro Property Management, die die Immobilien verwaltet, mit.

Das System funktioniert folgendermaßen: Kunden der Geschäfte können zwei Stunden lang ihr Fahrzeug kostenlos parken. Wer seinen Wagen länger stehen lässt, muss mindestens 20 Euro zahlen. Das Knöllchen kommt dann per Post, wie jetzt im Fall von Rahele Nematollahi. Die Frau, die bei der Verwaltung der Stadt Kassel arbeitet, bezeichnet das als „unfair“.

Sie wisse oft nicht, wo sie ihr Auto parken soll, sagt die 36-Jährige. Die Parkplätze, die der Vermieter des Hochhauses anbiete, seien alle belegt. Auch im Umfeld des Hochhauses sei es schwer, einen Parkplatz zu finden. Zudem ist Nematollahi davon überzeugt, dass das Scannen von Kennzeichen auf dem Parkplatz gegen das Datenschutzgesetz verstößt. Aus diesem Grund wolle sie auf keinem Fall den Strafzettel zahlen.

Knöllchen fürs Parken bei Aldi und Rewe in Kassel: Unternehmen weist Vorwürfe zurück

Das weist das Unternehmen Parkdepot zurück. Das Konzept sei in der Anfangszeit mit dem bayerischen Landesamt für Datenschutz abgestimmt worden, so ein Sprecher des Unternehmens, das bundesweit zu den Vorreitern dieses Parkraummanagements zählt. Zudem werde man jährlich von der Dekra geprüft und zertifiziert. So dürfe zum Beispiel keiner der Scanner den öffentlichen Raum einsehen. Die Kameras würden zudem kein Videomaterial und keine Audiosequenzen aufnehmen, sondern nur Standbilder bei der Ein- und Ausfahrt der Fahrzeuge.

Habe sich ein Autofahrer regelkonform verhalten, also die erlaubte Parkzeit nicht überschritten, würden die Daten sofort gelöscht. Die Parksünder würden ermittelt, indem eine automatisierte Halterdatenabfrage beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg erfolge. Von dort erhalte man Name und Anschrift der Fahrzeughalter, um sie anschließend anschreiben zu können.

Parken in Kassel: Spannung zwischen Supermärkten wie Aldi und Rewe und den Anwohnern

Man sei sich des Spannungsfelds bewusst, sagt der Unternehmenssprecher. Es gebe immer zwei Perspektiven. Auf der einen Seite stehe der Einzelhandel, der den Parkplatz für seine Kunden angemietet habe und auch für die Kosten wie zum Beispiel Strom und Winterdienst aufkomme. Auf der anderen Seite gebe es Anwohner, die auf de Suche nach einem Parkplatz sind.

Wie viele Knöllchen seit Anfang Januar auf den Parkplätzen in Wehlheiden ausgestellt worden sind, darüber gibt der Sprecher keine Auskunft. Er sagt nur, dass „das Aufkommen von Fremd- und Dauerparkern“ dort sehr schnell abgenommen habe.

Das ist auch im Sinn von Jörn Berszinski, Chef des Rewe-Marktes. „Wir hatten auf unseren Parkplätzen eine Dauerbelegung von Autofahrern, die nicht unsere Kunden waren.“ Damit meint er nicht nur Anwohner, sondern auch Autofahrer, die hier ihren Wagen abgestellt hätten, um dann mit der Bahn in die Stadt zu fahren. Das habe aber nicht nur den Rewe-Markt betroffen, sondern alle Geschäfte in dem Einkaufskomplex. Dieser Umstand habe dann die Hausverwaltung veranlasst, das Münchner Unternehmen zu engagieren.

Das Konzept scheint aufzugehen: Rahele Nematollahi will ihren Wagen dort jedenfalls nicht mehr parken. (Ulrike Pflüger-Scherb)

Das sagt das Unternehmen

Das Unternehmen Parkdepot habe am 16. Dezember 2021 das Überwachungssystem auf den Parkplätzen am Kirchweg/Wittrockstraße installiert, teilt ein Sprecher mit. Dazu gehörten auch die Hinweistafeln, die über die neue Regelung informieren. Gestartet sei das System erst rund zweieinhalb Wochen später worden. Das Unternehmen habe das Überwachssystem vor etwa drei Jahren entwickelt, weil die bisherige Parkraumbewirtschaftung altmodisch gewesen sei. Früher sei es zum Beispiel Praxis gewesen, dass Autofahrer eine Parkscheibe auf einem Supermarktplatz nutzen mussten.

Hätten sie diese vergessen und sei zwischenzeitlich ein Kontrolleur vorbeigekommen, hätten diese Kunden einen Strafzettel bekommen, auch wenn sie die Parkzeit nicht überschritten hätten. Das habe oft zu Frust geführt. Das digitale Überwachungssystem sei deshalb kundenfreundlicher. Zudem ermögliche das System auch eine sogenannte Whitelist (Weiße Liste). Dort würden Kennzeichen aufgenommen, die auf dem Parkplatz auch über einen längeren Zeitraum stehen dürfen. Das Unternehmen beschäftige mittlerweile 120 Mitarbeiter. Man überwache mehrere Parkplätze von Supermärkten im Raum Kassel, bundesweit seien es über 600 Standorte. (use)

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