Uni Kassel baut Mahnmal für koreanische „Trostfrauen“ ab

Der Asta der Uni Kassel hatte eine Friedensstatue zur documenta auf dem Campus aufgestellt. Jetzt baute die Uni diese ab. Das sorgt für Empörung.
Kassel – Nur die Steineinfassung vor dem Studierendenhaus auf dem Uni-Campus ist noch da und zeugt davon, dass hier etwas stand: Die Bronzefigur eines jungen Mädchens, das mit geballten Händen auf einem Stuhl sitzt, hat die Universität am Donnerstagmorgen abgebaut. Die Statue soll an die sogenannten Trostfrauen erinnern, die im Zweiten Weltkrieg in japanischen Militärbordellen zum Sex gezwungen wurden.
Im vergangenen Juli hatte der damals amtierende Asta das Mahnmal in Zusammenarbeit mit dem Korea-Verband aus Berlin aufgestellt. Wie die Universität herausstellt, war dabei von Anfang an eine befristete Aufstellung während des documenta-Sommers bis Ende September vereinbart.
Nach einer nochmaligen Verlängerung sei die Genehmigung nun endgültig ausgelaufen, teilte die Hochschule mit. Daher sei sie am Donnerstagmorgen abgebaut und eingelagert worden, bis der Korea-Verband als Leihgeber sie abhole.
Hinter den Kulissen schlagen die Wellen auf dem Campus nun hoch. Denn die Protagonisten der studentischen Initiative für die Friedensstatue waren nach HNA-Informationen von einer dauerhaften Aufstellung der Statue ausgegangen und hatten dies offenbar auch so an den Korea-Verband kommuniziert.
Der amtierende Asta ringt noch um eine gemeinsame Sprachregelung in der Sache. Die Statue und die damit verbundene Thematisierung „dieses schwierigen Teils der Geschichte“ befürworte man einhellig, sagte Richard Finger vom Asta auf HNA-Anfrage. Zum Abbau des Kunstwerks wolle man sich in den nächsten Tagen äußern.
Das sind „Trostfrauen“
„Trostfrau“ ist ein verharmlosender Begriff für Mädchen und Frauen, die in den japanischen Militärbordellen während des Pazifikkriegs im Zweiten Weltkrieg zur Prostitution gezwungen wurden. Japan kämpfte im Zweiten Weltkrieg an der Seite von Deutschland. In den Bordellen, sogenannten Troststationen, konnten die japanischen Soldaten sich von den Schrecken des Kriegs ablenken. Die meisten Opfer stammten aus Korea, das damals japanische Kolonie war, sowie China und anderen Ländern Asiens. Schätzungen zufolge wurden mehrere Zehntausende Frauen in die Bordelle verschleppt. Japan und Südkorea streiten bis heute über die Aufarbeitung dieses Verbrechens.
Auch in Berlin-Moabit gibt es seit mehr als zwei Jahren Diskussionen um eine solche Friedensstatue – die erste, die auf Initiative des Korea-Verbands an einem öffentlichen Ort in Deutschland aufgestellt wurde. In der Folge war von japanischer Seite Druck auf das Berliner Bezirksamt ausgeübt worden, die Statue wieder zu entfernen. Bereits 2017 war die Aufstellung einer Friedensstatue in Freiburg an diplomatischem Widerstand Japans gescheitert.
Auf den Abbau der Statue auf dem Kasseler Uni-Campus reagierte der Korea-Verband bestürzt. Zuletzt habe man sich noch in Gesprächen mit dem Präsidium befunden, sagte Vorsitzende Nataly Jung-Hwa Han der HNA. Der Koreaverband sei bereit gewesen, nach einem anderen Standort zu suchen. Dass die Statue ohne nochmalige Rücksprache „klammheimlich“ entfernt wurde, sei „hinterhältig und respektlos“, so Han.
Das Signal, das durch den Abbau des Kunstwerks an überlebende Betroffene ausgehe, sei fatal. Der Korea-Verband wünsche sich, dass die Statue dauerhaft in Kassel bleibe. Davon sei man bei der Aufstellung der Statue, für die 3000 Menschen gespendet hätten, auch ausgegangen.
Die Universität betont, dass es beim Abbau der Statue nicht um die damit verbundenen Inhalte ging. Dauerhaft würden Kunstwerke auf dem Hochschulgelände dann implementiert, „wenn sie durch Lehre und wissenschaftliche Projekte kontinuierlich begleitet sind, sie einen inhaltlichen Bezug zum Standort aufweisen und Senat und Präsidium darüber gemeinsam entscheiden“, teilte eine Sprecherin mit. Das sei etwa bei dem studentisch initiierten „Weg der Erinnerung“ der Fall gewesen. Dieser erinnert an die früher auf dem Campus-Gelände ansässige Firma Henschel und deren Verstrickungen ins Dritte Reich.
Einen studentischen Antrag zum dauerhaften Verbleib der Friedensstatue hatte der Senat der Uni in seiner jüngsten Sitzung abgelehnt.