Uni Kassel wirbt um Studierende: Zahlen sinken seit zwei Jahren

Kassel – 15 Jahre lang war die Universität Kassel auf Wachstumskurs. Ein Rekord bei der Studierendenzahl jagte den nächsten und brachte die Hochschule immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. Zeitweise waren mehr als 25 000 Menschen eingeschrieben. Seit zwei Jahren zeichnet sich eine Trendwende ab, die die Uni Kassel vor neue Herausforderungen stellt.
Die Ausgangslage
Zum Start des Sommersemesters sind 21 977 Studierende an der Hochschule eingeschrieben. Das sind ungefähr 1600 weniger als zum Start des Sommersemesters vor drei Jahren. Wobei sich zumindest die Gesamtzahl zum Wintersemester wieder etwas erhöhen dürfte.
„Die Zahlen der Sommersemester sind regelmäßig niedriger als die der Wintersemester, weil sich die Abschlüsse über das ganze Jahr verteilen, die meisten neuen Studierenden aber in den grundständigen Studiengängen zum Wintersemester beginnen“, so ein Uni-Sprecher.
Anhand der Einschreibungen ins erste Fachsemester ist aber zu erkennen, dass immer weniger ins Studienleben starten. 866 Einschreibungen hat es zum Sommersemesterstart gegeben – davon 593 in ein Master-Programm, die anderen in Studiengänge mit Bachelor-, Lehramts- oder künstlerischem Abschluss sowie zum Austauschstudium. Im Vergleich zu vor fünf Jahren ist dies ein Rückgang um mehr als 30 Prozent.
Die Ursachen
Die Hochschule sieht die Ursachen vor allem in der Corona-Pandemie und im demografischen Wandel. „Ein Grund für diesen moderaten Rückgang dürften sicher die Corona-Pandemie und die vier Digital-Semester gewesen sein. Umso glücklicher sind wir mit unserer Entscheidung, zur Präsenzlehre zurückzukehren“, teilt ein Sprecher mit.
Die Folgen
In einer Zielvereinbarung mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) hat sich die Uni Kassel darauf festgelegt, dass die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit von 2021 bis 2025 jährlich nur um zwei Prozent sinken darf – über die Jahre insgesamt um zehn Prozent. 2021 lag der Rückgang in dieser Gruppe bereits bei 15 Prozent.
Bei zu hohen Abweichungen von den Vereinbarungen mit dem Land drohen Sanktionen und Strukturdiskussionen. Die Uni sieht aber auch Chancen. Durch weniger Studierende werde die Betreuung verbessert. Dies sei auch vom Land gewünscht.

Die Reaktion
Die Uni will mit dem Trend entgegensteuern. Das Marketing solle verstärkt werden, so der Sprecher und weiter: „Parallel überprüfen wir unser Studienangebot in einem Qualitätsmanagement-Prozess und entwickeln die Studieninhalte und Ziele weiter. Zudem entwickeln wir auch ganz neue Studiengänge.“ So sei erst kürzlich der hessenweit einmalige Studiengang Plus-Mint in Kassel eingerichtet worden – ein Orientierungsstudium im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Geplant sei zudem ein Master zum Musikverlagswesen. In Kürze sollen weitere Studiengänge mit Nachhaltigkeitsbezug folgen.
Die anderen Unis
Die Kasseler Uni ist mit ihrer Lage nicht allein. Im Wintersemester 2021/22 habe man sogar den geringsten Rückgang aller hessischen Unis bei den Studierenden im ersten Fachsemester verzeichnet. An der Uni Marburg ist die Zahl der Studierenden im ersten Fachsemester von 2681 (Sommersemester 2019) auf 1900 im aktuellen Sommersemester gesunken. Dies macht sich vor allem in den Bachelor-Studiengängen bemerkbar.
An der Uni Göttingen gab es auch einen Rückgang bei den ersten Fachsemestern. Wobei dort die Zahl der neuen Bachelor-Studierenden von 2019 bis 2022 um ein Viertel gesunken ist. Bei den Master-Studiengängen waren die Zahlen stabil. Der starke Rückgang beim Bachelor sei vor allem vom Ausfall des Abiturjahrgangs in Niedersachsen aufgrund der G8/G9-Rückumstellung der Abiturienten verursacht worden, so ein Sprecher. (Bastian Ludwig)