Kassel. Für viele Zuwanderer werden Gemeinschaftsunterkünfte nur eine Zwischenstation ihres neuen Lebens in Kassel sein.
Weil Wohnraum insgesamt zunehmend knapp wird, setzt die Stadt bei der Unterbringung von Flüchtlingen auch auf öffentlich-private Partnerschaften mit Nachhaltigkeitseffekt: So wie bereits an der Bunsenstraße in der Nordstadt gemeinsam mit der GWG sollen auch am Unterneustädter Pulvermühlenweg Neubauten entstehen, die erst als Gemeinschaftsunterkunft und später als normale Mietwohnungen nutzbar sind.
Murat Çetinkaya, Investor des Baus in der Unterneustadt, räumte ein, dass „vor allem die zweite Phase der Nutzung“ für ihn den Ausschlag gegeben habe, sich in einer finanziellen Größenordnung von 4,5 Millionen Euro zu engagieren. Gleichwohl werde er sich „mit Leib und Seele“ auch der Verantwortung als Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft stellen.
In zweierlei Hinsicht bringt der Felsberger, der in Kassel arbeitet, dafür Voraussetzungen mit: Er ist bereits in der Flüchtlingsarbeit aktiv („ich habe selbst einen Migrationshintergrund“), und er ist Architekt. Geplant wird das Gebäude am Pulvermühlenweg allerdings federführend von Architekt Peter Spöth, einem Kollegen und Studienfreund.
Zunächst sollen pro Etage in der Regel zwei Gemeinschaftsküchen eingebaut werden. Nach ein paar Jahren soll sich das Gebäude dank vorausschauender Planung mit wenig Aufwand in 50 Mietwohnungen unterteilen lassen - mit einem guten Standard, jedoch „kein exklusives Wohnen“, wie Çetinkaya sagte.
Im Vergleich zu manch relativ freudlosem Sammelquartier werden die Bewohner von Anfang an von gewissen Vorzügen profitieren können. Planer Spöth nannte im Ortsbeirat etwa Gartenflächen, Barrierefreiheit, Fahrradabstellplätze sowie die Möglichkeit, die später vorgesehene Tiefgaragenzufahrt zunächst für Sport, Spiel und Begegnung zu nutzen.
Zusammen mit einer weiteren Gemeinschaftsunterkunft, die derzeit im früheren Nixdorf-Gebäude am Kreisel entsteht, werden ab Sommer 2017 nach heutigem Stand etwa 600 Flüchtlinge in dem kleinen Stadtteil leben - damit käme ein Zuwanderer auf etwa jeden siebten Unterneustädter.
Eine Herausforderung, der die Stadtteilbewohner bislang „weitestgehend positiv“ gegenüberstünden, sagte Ortsvorsteher Joachim Schleißing gegenüber der HNA. Er verhehlte nicht, dass ihn „auch nachdenkliche und kritische Stimmen“ erreichen würden. Günstig fürs Miteinander sei in dem kurz vor der Jahrtausendwende neu gegründeten Stadtteil jedoch, „dass hier ja die allermeisten irgendwie Zuwanderer sind“.
Ein nächstes Unterstützertreffen im Stadtteil findet am Dienstag, 8. März, ab 17.30 Uhr im Haus der Jugend statt.