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Corona-Demo in Kassel: War Polizeieinsatz verhältnismäßig oder nicht?

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Von: Katja Rudolph, Ulrike Pflüger-Scherb

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Antifaschistische Gegendemonstranten: Dieser schwarze Block versuchte am Samstag, zu den „Querdenkern“ zu gelangen. Das hat die Polizei mit einer Kette verhindert. Der Landtagsabgeordnete Torsten Felstehausen kritisiert das Vorgehen der Polizei gegen die Antifa.
Antifaschistische Gegendemonstranten: Dieser schwarze Block versuchte am Samstag, zu den „Querdenkern“ zu gelangen. Das hat die Polizei mit einer Kette verhindert. Der Landtagsabgeordnete Torsten Felstehausen kritisiert das Vorgehen der Polizei gegen die Antifa. © Andreas Fischer

Nach den Demonstrationen in Kassel gibt es Kritik am Vorgehen der Polizei gegen eine Gruppe linker Gegendemonstranten.

Kassel - Nach den Corona-Demonstrationen am Samstag (15.01.2022) in der Kasseler Innenstadt gibt es Kritik am Vorgehen der Polizei gegen eine Gruppe linker Gegendemonstranten. Ein Pulk schwarz gekleideter Antifa-Anhänger war von der angemeldeten Route der Gegendemonstration ausgeschert und weggerannt. Dabei wurde auch verbotene Pyrotechnik gezündet.

In Höhe des Rathauses in Kassel hatte sich die Polizei der Gruppe in den Weg gestellt, um ein Aufeinandertreffen mit rund 80 Demonstranten der Querdenker-Szene zu verhindern, die auf dem Weg zur Kundgebung der „Freien Bürger Kassel“ vor dem Fridericianum waren.

Nach Corona-Demo in Kassel: Polizei wird unverhältnismäßig hartes Vorgehen vorgeworfen

Torsten Felstehausen, Landtagsabgeordneter der Linken aus Kassel, wirft der Polizei ein unverhältnismäßig hartes Vorgehen gegen die antifaschistischen Gegendemonstranten vor. Obwohl die Gruppe bereits vor der Polizei zum Stehen gekommen sei, hätten die Beamten ohne Vorwarnung Schlagstöcke eingesetzt, schildert Felstehausen, der das Geschehen beobachtet hatte. Auf dem von ihm bei Twitter geposteten Video ist das allerdings nicht zu erkennen.

Polizeisprecher Matthias Mänz weist die Behauptungen des Politikers zurück – und nimmt zu einzelnen Punkten Stellung.

Kassel: Verhalten der Antifa bei der Corona-Demo

Die Gruppe der 30 bis 35 Antifa-Demonstranten habe im Vorfeld Ansprachen durch die Polizei gänzlich ignoriert, sagt Mänz. Durch das schnelle Stellen einer Polizeikette sei das Aufeinandertreffen der verschiedenen Versammlungsteilnehmer, das sicherlich körperliche Auseinandersetzungen zur Folge hätte haben können, verhindert worden.

Erste, unmittelbar auf die Polizeikette treffende Demonstranten seien von den Beamten mit einfacher körperlicher Gewalt zurückgedrängt worden. Mänz: „Dabei hielten die Beamten teilweise auch den Schlagstock in der Hand. Zum Einsatz des Schlagstockes in Form von Schlägen oder zum Einsatz des Pfeffersprays kam es durch die Polizei nicht.“

Corona-Demo in Kassel: Mehrere Personen wurden verletzt

Bei dem Tumult vor dem Rathaus war auch ein Gegendemonstrant verletzt worden. Laut Polizei war die Person umgeknickt, Felstehausen spricht hingegen davon, dass die Beamten geschubst hätten. Auch sei der Rettungswagen, in dem der Verletzte sich befand, bei der Abfahrt von der Polizei aufgehalten worden. Laut Polizeisprecher sei eine Person von der Polizeikette in entgegengesetzte Richtung weggerannt, dabei mit dem Fuß aber augenscheinlich in die Straßenbahnschienen geraten und umgeknickt. Dieser am Boden liegenden Person sei von einem als Erst-Helfer ausgebildeten Polizeibeamten Hilfe angeboten worden. Diese Hilfe habe der Verletzte vehement abgelehnt, weshalb umgehend ein Rettungswagen durch die Beamten angefordert worden sei.

Während der Erstversorgung der Person im Rettungswagen sei durch Beamte, wie in solchen Fällen üblich, Kontakt zu den Rettungskräften aufgenommen worden, um das weitere Verfahren zu erfragen und, falls aus Sicht der Rettungskräfte möglich, ebenfalls die Personalien der Person festzustellen.

Corona-Demo in Kassel: „Schauspiel der Unverhältnismäßigkeit und Grenzüberschreitung“

„Das Szenario war ein Schauspiel der Unverhältnismäßigkeit und Grenzüberschreitung“, sagt Felstehausen zum Geschehen am Samstag. Er räumt zwar ein, dass die Antifa mit dem Abweichen von der Demonstrationsroute und der Pyrotechnik gegen Auflagen verstoßen habe.

Die massenhaften Verstöße gegen die Corona-Maskenpflicht auf der Querdenker-Demo und den nicht angemeldeten Aufzug aus dem Vorderen Westen in die Innenstadt habe die Polizei aber nicht geahndet. Durch diese sehr unterschiedliche Art und Weise des Umgangs hat sich die Polizei „eindeutig politisch positioniert“, findet der Linke.

„Die Polizei ist grundsätzlich dafür zuständig, das Recht auf Versammlungsfreiheit zu schützen und dabei auch auf die Einhaltung ergangener Auflagen zu achten“, so der Polizeisprecher. Man habe die Verstöße gegen die Maskenpflicht durch die Querdenker nicht geahndet.

Bei Verstößen gegen Auflagen verfolge die Polizei grundsätzlich zunächst einen kommunikativen Ansatz, so Mänz. Sowohl bei der Versammlung am Friedrichsplatz als auch bei dem Aufzug der Gegendemonstranten seien einige Verstöße gegen Auflagen von Teilnehmern festgestellt, die bis dahin Ordnungswidrigkeiten dargestellt hätten. Diese Personen seien durch die Polizei angesprochen und auf die Auflagen hingewiesen worden. „Auf ein unmittelbares Einschreiten wurde nach Abwägung der Verhältnismäßigkeit in der Anfangsphase verzichtet“, so Mänz. (rud/use)

In Nordhessen sind auch am Montag (18.01.2022) erneut Corona-Kritiker spazieren gegangen: Die Polizei löst die Versammlung in Kassel auf.

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