Berliner Luft wird dünner für grüne Senatorin Gote aus Kassel

Eine Große Koalition in der Hauptstadt würde das Aus für die grüne Senatorin bedeuten
Kassel/Berlin – Am heutigen Donnerstag wollen CDU und SPD in Berlin die Verhandlungen um eine Große Koalition aufnehmen. Kommt es nach der Wiederholungswahl in der Hauptstadt tatsächlich zu einem schwarz-roten Bündnis, wären die Grünen und Linken als die bisherigen Koalitionspartner von Franziska Giffeys SPD raus aus der Regierung. Sie müssten auf die Oppositionsbänke wechseln.
Für die Senatorin Ulrike Gote gäbe es nicht einmal dort einen Platz. Denn anders als ihre grünen Senatskollegen Bettina Jarasch und Daniel Wesener, die als Abgeordnete weitermachen können, ist sie nicht in den Senat gewählt. Gote hatte Ende 2021 für den Posten als Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin ihre Stelle als Dezernentin für Jugend, Frauen, Gesundheit und Bildung in Kassel aufgegeben. Mit einem Regierungswechsel wäre für die 57-Jährige das Kapitel Berlin nach knapp eineinhalb Jahren erledigt.
Wäre die aus dem oberfränkischen Bayreuth stammende Grüne, die ihre Stelle in Kassel im August 2019 angetreten hatte, in Nordhessen geblieben, hätte sie dort noch einen Dezernentenvertrag bis Mitte 2025. Und nachdem es in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung inzwischen eine Koalition aus Grünen, CDU und FDP gibt, hätte Gote sogar die Perspektive, von der Jamaika-Mehrheit für weitere sechs Jahre gewählt zu werden.
Bekanntlich liegt Ulrike Gotes Dezernat in Kassel seit Juni in den Händen von Parteifreundin Nicole Maisch. Derweil wird für die grüne Senatorin die viel besungene Berliner Luft dünner. Wie berichtet, hatte die CDU im Februar die Wiederholungswahl mit 28,2 Prozent gewonnen, SPD und Grüne waren auf 18,4 Prozent gekommen – mit hauchdünnem Vorsprung für die Sozialdemokraten. Giffey, noch Regierende Bürgermeisterin, sprach sich bei diesem Wahlergebnis für ein Zweierbündnis ihrer SPD mit der CDU aus. CDU-Landeschef Kai Wegner kündigt an, man wolle bereits in rund vier Wochen mit den Koalitionsverhandlungen fertig sein.
Ulrike Gotes Abschied aus der Bundeshauptstadt rückt damit näher. Wie gut, dass sie in Kassel immer noch das hat, wofür sie Berliner Medien und Politiker mehrfach als „Pendler--Senatorin“ kritisiert hatten: ihren Hauptwohnsitz. Kurz vor ihrem Wechsel nach Berlin hatten Gote und ihr Mann, die drei Kinder haben, ein Haus in Wehlheiden gekauft.
Nach Recherchen des „Tagesspiegel“ wird die 57-Jährige auch finanziell nicht ins Bodenlose fallen. Danach erhalten die ausscheidenden Senatoren ein Übergangsgeld für knapp 1,5 Jahre – und zwar drei Monate lang volle Amtsbezüge (14 703 Euro) und die restlichen Monate die Hälfte davon.
Ulrike Gote ist seit 1996 Mitglied der Grünen. Ob sie sich vorstellen kann, in Kassel auch wieder eine berufliche oder politische Aufgabe aufzunehmen, hätten wir sie gern selbst gefragt. Doch leider hat sie sich auf mehrere Anfragen unserer Zeitung nicht zurückgemeldet.
Welche Aufgaben es in Kassel für eine ehemalige grüne Dezernentin und vielleicht bald Ex-Senatorin geben könnte, hängt auch vom Ausgang der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag ab. Nach dem Jamaika-Koalitionsvertrag soll der hauptamtliche Magistrat künftig aus drei Mitgliedern der Grünen, zwei der CDU und einem FDP-Mitglied bestehen. Wird das Oberbürgermeisteramt nicht von einem Jamaika-Vertreter besetzt, entfallen von den fünf übrigen Dezernaten drei auf die Grünen und je eines auf CDU und FDP. Heißt: Schafft es Grünen-Kandidat Sven Schoeller oder CDU-Kandidatin Eva Kühne-Hörmann ins OB-Amt, sind die zwei Grünen-Dezernate mit Nicole Maisch und Christof Nolda bereits besetzt. Bleibt/wird ein Nicht-Jamaikaner OB, steht den Grünen ein weiteres drittes Dezernat zu.
Wie Kasseler Grüne gegenüber der HNA betonten, liegt von Ulrike Gote noch keine entsprechende Anfrage vor, werde auch nicht gewünscht. Denn anders als die Berliner Grünen, die 2021 bundesweit nach Personal für das Senatorenamt suchten und mit Gote fündig wurden, gibt es bei den Kasseler Grünen gleich mehrere Interessentinnen für eine eventuell zu besetzende Dezernentenstelle.
(Andreas Hermann)
