1. Startseite
  2. Kassel

Vermieter über tödlichen Ausgang eines Nachbarschaftstreits: „Hätte nicht sein müssen“

Erstellt:

Von: Ulrike Pflüger-Scherb

Kommentare

null
Er soll wegen Mordes elf Jahre in Haft: Der 69-jährige Rentner hat am 1. März 2017 seinen Nachbarn Thomas F. erschossen. Sein Verteidiger Marcus Mauermann will mit ihm erörtern, ob man Revision gegen das Urteil der sechsten Strafkammer einlegen sollte. Foto:  Fischer

Kassel. Ein 69-jähriger Mann musste sich vor dem Landgericht Kassel verantworten, weil er seinen Nachbarn nach einem Streit im März 2017 an der Ihringshäuser Straße erschossen hat. Am Dienstag wurde er wegen Mordes zu elf Jahren Haft verurteilt.

 „Das Urteil ist gut. Es ist ein gerechtes Urteil“, sagte der Mann, der am Dienstagmittag nach der Urteilsverkündung im Flur vor dem Sitzungssaal steht. Der 54-Jährige kennt sowohl den getöteten Thomas F. und dessen Frau Johanna als auch den 69-jährigen Angeklagten, der soeben zu elf Jahren Haft verurteilt worden ist.

Bei dem Mann handelt es sich um den Eigentümer des Mehrfamilienhauses an der Ihringshäuser Straße, in dem ein Streit unter Nachbarn am 1. März 2017 dermaßen eskalierte, dass er tödlich endete. „Wären keine Waffen da gewesen, wäre alles gut ausgegangen“, ist sich der Vermieter sicher. „Ich finde das sehr traurig. Es hätte nicht sein müssen.“

Waffennarr seit Jugend

Einen ähnlichen Tenor hatte die Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters Volker Mütze. Das Gefährliche an Waffen, die man in der Wohnung rumliegen habe, sei, dass man sie auch einsetze. Auch wenn man das eigentlich nicht vorgehabt habe, sagte Mütze. Bei der Kleinkaliberpistole und der abgesägten Schrotflinte, die der Rentner – seit der Jugend ein Waffennarr – in seinem Schlafzimmer aufbewahrt hatte, handelte es sich um illegale Waffen. Weil der 69-jährige sich gegen den 47-jährigen Thomas F. nicht körperlich habe wehren können, habe er zu „drastischen Mitteln“ gegriffen und seinen Nachbarn nach einer körperlichen Auseinandersetzung erschossen. Dabei habe er die Arg- und Wehrlosigkeit von Thomas F. und dessen Frau ausgenutzt, womit das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt sei.

Gegen den Angeklagten spreche auch, dass er bereits früher wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Trotz dieser Warnung habe er weiterhin illegale Waffen in seiner Wohnung aufbewahrt, so Richter Mütze.

Herr über Leben und Tod

Für den 69-Jährigen spreche hingegen, dass seine Einlassung vor Gericht als Geständnis zu werten ist. In seinem Schlusswort hatte der 69-Jährige gesagt, dass er die Tat sehr bedauere und es nicht recht gewesen wäre, „sich als Herr über Leben und Tod aufzuspielen“. Zudem müsse man die Haftempfindlichkeit des 69-Jährigen aufgrund seines Alters berücksichtigen, sagte der Richter. Darüber hinaus sei das ganze Geschehen auch erst durch das Verhalten des späteren Opfers Thomas F. bei dem Streit über die Nebenkostenabrechnung ausgelöst worden.

Das Gericht folgte auch dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, der von einer eingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist. Die sei auf die Alkoholisierung des Mannes vor der Tat und seine „depressive Verstimmung“, eine Vorstufe einer Erkrankung, zurückzuführen.

Zudem hat sich der Angeklagte vor Gericht dazu bereit erklärt, der Witwe Johanna F. 5000 Schmerzensgeld zu zahlen. 2500 Euro wurden bereits gezahlt, der Rest soll in Raten folgen.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion