Kassel. Eltern waren kürzlich irritiert, als sie den Bescheid über das Elterngeld bekamen. Dem offiziellen Schreiben des Versorgungsamtes in Kassel lag eine Werbung des Baby-Nahrungsherstellers Hipp bei.
„Wir wollen keine Werbung von Hipp bekommen, nur weil wir Elterngeld beantragen“, sagt der Vater.
Dass den Bescheiden einer Behörde Werbung beigelegt wird, hat auch Martina Felmeden-Dreyer, Leiterin des Kasseler Versorgungsamts, im ersten Augenblick irritiert. Allerdings handele die Behörde im Auftrag der Landesregierung. „Wir sind gehalten, mit dem Elterngeldbescheid auch einen Infoflyer über die Familienkarte zu verschicken“, sagt Felmeden-Dreyer. Und die Firma Hipp sei wohl ein Premiumpartner der Familienkarte.
Bereits seit drei Jahren werde der Familienkartenflyer über die Elterngeldstellen verschickt, sagt Esther Walter, Sprecherin des Sozialministeriums. Die Erlaubnis für die Verteilung der Familienkartenflyer über die Elterngeldstellen habe das Land Hessen im Mai 2010 vom Regierungspräsidium Gießen erhalten.
Im Familienkartenflyer liege seitdem immer auch eine Karte des Premium-Partners Hipp bei. „Nur wenn die Eltern diese ausfüllen und absenden, erhalten sie ein Neugeborenenpaket, das sich bei jungen Eltern in der Regel großer Beliebtheit erfreut“, sagt die Sprecherin. Das heiße, Eltern könnten hier eine kostenlose Leistung abrufen, wenn sie dies wünschten. Eine Weitergabe von Daten erfolge in enger Abstimmung mit dem Hessischen Datenschutzbeauftragten an keinen Partner – auch nicht an Hipp.
Wenn das Neugeborenenpaket (Milch-Trinkflasche, Pflegeöl, Waschgel, Pflegecreme und Wundschutzcreme) beantragt werde, dann würden die Eltern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Daten an Hipp weitergegeben werden – vorher nicht.
Die Partnerschaft zwischen der Familienkarte und dem Unternehmen Hipp sei über einen öffentlichen Aufruf zustande gekommen, bei dem alle Unternehmen die Möglichkeit gehabt hätten, Partner der Familienkarte zu werden. Neben dem Neugeborenen-Paket biete Hipp für den Inhaber der Familienkarte Hessen Angebotspakete auf seiner Internetseite an, sagt die Sprecherin des Sozialministeriums.
Von Ulrike Pflüger-Scherb