Volle Wartezimmer: Kasseler Kinderärzte sind am Limit

Für Eltern wird es immer schwieriger, einen Kinderarzt in Kassel zu finden. Viele Mediziner haben einen Aufnahmestopp verhängt, Wartezimmer sind voll. Und es wird noch schlimmer, sagen Experten.
Kinder- und Jugendärzte in Stadt und Kreis Kassel schlagen Alarm: Sie warnen vor einer Unterversorgung. Schon jetzt seien die Wartezimmer überfüllt, neue Patienten aufzunehmen werde immer schwieriger. Das Problem werde sich in den kommenden Jahren verschärfen, warnt der Obmann der nordhessischen Kinderärzte, Thomas Lenz. „Es gibt weniger Ärzte bei gestiegenen Anforderungen.“
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gibt es in Kassel 19,5 Arztsitze, im Landkreis Kassel 14. Gemessen an der Bedarfsplanung liegt damit eine Überversorgung vor. Die Zahlen seien jedoch „hoffnungslos veraltet und realitätsfern, leider aber immer noch Maßstab“, kritisiert die Sprecherin des Hessischen Landesverbandes der Kinderärzte, Barbara Mühlfeld.
In Kassel werden wieder mehr Kinder geboren
Das spüren auch die Kinderärzte in der Region. Ihre zunehmende zeitliche Belastung hat mehrere Gründe, erläutern der Vellmarer Kinderarzt Lenz und seine Kasseler Kollegen Dr. Kathrin Klint und Dr. Ralph Melchior. Der erfreulichste: In Kassel werden wieder mehr Kinder geboren. Waren es vor zehn Jahren noch rund 3380 Geburten, sind im vergangenen Jahr knapp 4500 Kinder in Kassel zur Welt gekommen. Aber auch die Zahl der Frühgeborenen ist gestiegen – und mit ihr die der Folgeerkrankungen.
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Vermehrt haben Kinderärzte chronische Krankheitsbilder wie Asthma, Diabetes, Darmerkrankungen sowie Kinder mit Herzfehlern oder Allergien zu behandeln. Für volle Wartezimmer sorgten auch verunsicherte Eltern, die den Nachwuchs häufiger in der Praxis vorstellten als frühere Generationen, sowie eine Zunahme an Bescheinigungen und Attesten für Kindergärten, Schulen und Sportvereine.
Die Lage sei angespannt, sagt Lenz. „Unser Ziel ist, dass neugeborene Kinder einen Kinderarzt finden.“
Von Anja Berens
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