Kassel. Ein Gartenbesitzer aus Harleshausen ist am Sonntag von einem Waschbärweibchen, das seine Jungen verteidigte, angegriffen worden. Er erlitt Verletzungen an den Armen sowie an einem Bein. Der Mann wurde im Krankenhaus behandelt und muss sich gegen Tollwut impfen lassen.
Für den staatlich geprüften Jagdaufseher und Waschbär-Experten Frank Becker aus Kassel ist das kein Einzelfall. Er hat in den vergangenen Jahren wiederholt erlebt, dass Waschbären Menschen attackiert haben. „Das sind keine Teddybären“, sagt Becker.
Der Gartenbesitzer aus Harleshausen gibt sich selbst die Schuld für den Angriff. Der Mann wollte nach Gartenmöbeln schauen, die er unter einer Plane in seinem Garten deponiert hatte. „Ich habe ein Gurren gehört und gesehen, dass sich unter der Plane etwas bewegte.“ Zwischen seinen Gartenmöbeln entdeckte er vier Waschbärjungen. Er wollte die Tiere verscheuchen, hatte aber die Rechnung ohne deren Mutter gemacht.
„Das war keine reine Drohgebärde“, sagt der Mann. „Die Waschbärin ist einfach auf mich zugeschossen.“ Zunächst habe sie sich in seiner linken Hand verbissen und dann sein rechtes Bein vom Knie bis zur Ferse mit den Zähnen lädiert. Nach einer Schrecksekunde wehrte sich der Gartenbesitzer. Das Muttertier habe wie eine Klette an ihm gehangen. Mit der rechten Hand sei er dem Tier an die Gurgel gegangen. Daraufhin habe die Waschbärin ihm ihre Krallen in den rechten Arm gehauen.
Schließlich habe er das Tier zu Boden gebracht und auf den Brustkorb gedrückt. In seiner Not habe er noch einen Stein auf die Waschbärin gelegt. Der Kampf habe etwa eine Minute gedauert. Anschließend ging der Mann ins Haus, um sich das Blut von seinen Wunden zu waschen. Als er zurück in den Garten kam, sei das Muttertier mit den Jungen verschwunden gewesen. Er sei nur froh, dass die Waschbärin ihm nicht die Pulsadern aufgekratzt oder ins Gesicht gebissen habe.
„Waschbären sind dreist“, sagt Frank Becker. Er hofft, dass Menschen, die etwa am Lac die Waschbären füttern und Kindern zeigen, durch die jüngste Attacke vor der Gefährlichkeit der „kleinen Raubtiere“ gewarnt werden. Welche Schlagkraft die Tiere entwickeln können, macht der Experte an einem Beispiel deutlich: Eine Rottweilerhündin sei derart von einem Waschbären „verdroschen“ worden, dass ihre Lefzen genäht werden mussten. Becker rät, nicht die Konfrontation mit Waschbären zu suchen sowie Hunde und Katzen von ihnen fernzuhalten. „Wenn ein Hund nicht jagdlich ausgebildet ist, dann zieht er den Kürzeren.“
Der Gartenbesitzer aus Harleshausen hat aus dem Angriff gelernt. „Es war ein Fehler, die Jungtiere verscheuchen zu wollen“, sagt der Mann. „Noch mal würde ich mich nicht so verhalten.“