So reden die Kasseler beim documenta-Institut ein Wörtchen mit

Auf dem Weg zum documenta-Institut gibt es eine besondere Bürgerbeteiligung. Sie läuft in mehreren Schritten ab. Am Ende entscheidet aber die Politik.
Kassel – Das documenta-Institut sollte schon an so manchem Ort in Kassel entstehen: auf dem Holländischen Platz zum Beispiel und damit an der Uni oder auch auf dem Karlsplatz. Aber aus all den bisher diskutierten Plänen wurde nichts. Jetzt sollen die Kasseler ein erhebliches Wörtchen bei der Standortfrage mitreden. Bei dem Thema setzt die Stadt nun nämlich auf Bürgerbeteiligung. Nur: Wie sieht die in diesem Fall konkret aus? Bei der Suche nach einer Antwort hilft der Politikberater und Beteiligungsexperte Erik Flügge weiter, der das Verfahren mit seiner Kölner Agentur „Squirrel & Nuts“, einer Gesellschaft für strategische Beratung, begleitet.
1. Schritt: Zunächst werden 120 Bürger gesucht, die repräsentativ für die Stadtbevölkerung stehen. Das heißt: Jeder Stadtteil muss vertreten sein, Männer und Frauen, Jüngere und Ältere. Dabei gehen Flügge und sein Team in zwei Stufen vor. Zunächst sind mehr als 2000 Einwohner der Stadt per Zufall ausgewählt und angeschrieben worden, um eine Bereitschaft zur Teilnahme an einem entsprechenden Beteiligungsverfahren abzufragen. Der Rücklauf sei sehr gut, bestätigt Carina Wagener von der Stadt. Aus jenen, die ihr prinzipielles Okay geben, werden dann 120 ausgewählt, die zusammen einen gesellschaftlichen Querschnitt bilden. Auch dabei spielt der Zufall eine Rolle. Wichtig: Diese Teilnehmer sind parteiunabhängig und in keinem politischen Gremium tätig, betont Berater Flügge.
2. Schritt: Zu den 120 per Zufall ausgewählten Kasselern gesellen sich 60 weitere Menschen, die den Prozess begleiten. Sie sind mit dem Thema bereits vertraut. Flügge spricht in diesem Zusammenhang von Themenrepräsentanz – im Unterschied zur Bevölkerungsrepräsentanz. Es sollen gerade eben auch die eingebunden werden, die sich zu dem Projekt schon Gedanken gemacht haben und insofern das Thema repräsentieren. Von den 60 Personen werden 31 von den Fraktionen der Kasseler Stadtverordnetenversammlung – entsprechend ihrer jeweiligen Größe – berufen. Das müssen aber nicht unbedingt Stadtverordnete sein. 29 Personen wiederum benennt die Stadtverwaltung. 3. Schritt: Die insgesamt 180 Ausgewählten werden an einer Veranstaltung teilnehmen, bei der das Thema vertieft wird. Diese Veranstaltung wird am 18. Mai stattfinden. Laut Flügge gibt es dann eine kurze Einführung für alle in das Thema documenta-Institut. Anschließend teilen sich die Teilnehmer auf in Dreiergruppen, die aus zwei Gelosten und einem Berufenen bestehen. Für diese Dreiergruppen stehen dann Stände bereit, an denen sich alle über die einzelnen Standortmöglichkeiten informieren können. Insgesamt sollen fünf Standorte zur Auswahl stehen – darunter das Ruruhaus. Die Idee dahinter, so Flügge: In kleinen Gruppen fällt es vielen Menschen leichter, Fragen zu stellen – und die Gespräche können vertieft werden. 4. Schritt: Am Ende bekommt jeder der Teilnehmer einen Fragebogen, in dem er zum einen persönliche Daten eintragen, zum anderen aber auch Fragen und Einschätzungen zu den jeweiligen Standorten beantworten soll. Die Fragebögen werden dann ausgewertet. 5. Schritt: Die Erkenntnisse der Auswertung sollen dann wiederum Grundlage sein für die politische Entscheidung. Eins nämlich stellt Flügge klar: Die Politik soll mit dem Instrument der Bürgerbeteiligung nicht ausgehebelt werden. Das letzte Wort haben die Stadtverordneten. Sie können sich aber an den Ergebnissen des Beteiligungsprozesses orientieren. Die Bürger haben lediglich einen Beratungsauftrag. An deren Ende muss nicht zwangsläufig stehen, dass alle gemeinsam sich für Standort A oder für Standort B aussprechen. Aber es wird sich zum Beispiel sagen lassen, welche Präferenzen es gibt. Sie wiederum sollen den Entscheidungsträgern eine wichtige Hilfe sein.
Bis zum Start der documenta soll so eine Entscheidung getroffen sein. Der finanzielle Aufwand wird derzeit auf eine vierstellige Summe geschätzt. (Florian Hagemann)