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Wie Organist Martin Forciniti die Karwoche und Ostern musikalisch erlebt

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Von: Katja Rudolph

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Vorfreude auf den Ostermorgen: Martin Forciniti an der Orgel in der katholischen Kirche St. Familia.
Vorfreude auf den Ostermorgen: Martin Forciniti an der Orgel in der katholischen Kirche St. Familia. © KATJA RUDOLPH

Organist Martin Forciniti sitzt seit mehr als 45 Jahren an Ostern an der Orgel.

Kassel – Wenn Martin Forciniti morgen um 5 Uhr in der Frühe an der Orgel in der Kirche St. Familia sitzt, dann mischen sich für ihn Vorfreude und ein wenig Lampenfieber zu einer hellwachen inneren Spannung. Der Gottesdienst in der Osternacht ist für den katholischen Organisten jedes Jahr ein ganz besonderes Erlebnis. Denn wenn er die ersten Töne des „Gloria“ anstimmt, hat die Zeit der Stille ein Ende. Mit dem Orgelklang eröffnet er gewissermaßen die Osterfreude.

Denn mit dem letzten „Gloria“ an Gründonnerstag schweigt die Orgel traditionell in der katholischen Kirche. In den Gottesdiensten an Karfreitag gibt es keine instrumentale Begleitung zum Gemeindegesang. Auch die Glocken stehen in dieser Zeit still. Das Fehlen der Musik soll Jesu Leiden und Sterben verdeutlichen. Schon über die gesamte Fastenzeit ist das Orgelspiel reduziert. „Da ist ein Mangel, den es auszuhalten gilt“, formuliert es Martin Forciniti.

Musik sei immer Transportmittel für den Glauben und für Emotionen, sagt der studierte Kirchenmusiker und Konzertorganist. Beides gehöre für ihn eng zusammen. Und so weiß er auch um die Bedeutung seines Einsatzes am Ostermorgen. Alle hohen Festtage im Kirchenjahr spielten auch musikalisch eine herausgehobene Rolle für Organisten, sagt der 61-Jährige. Aber das erste „Gloria“ der Osternacht sei schon ein „besonderer Kick“.

Wenn dann nach und nach Licht die bis dahin dunkle Kirche erhellt, der Orgelklang, die Altarschellen und die Kirchenglocken einsetzen, dann sei das „wie ein Feuerwerk – ein christliches Feuerwerk“, sagt Forciniti. Wenn dann die Gemeinde einsetze mit „Allein Gott in der Höh sei Ehr“, sei das ein erhebender Moment. Die feierliche Stimmung spüre er bis oben auf die Orgelempore.

Auch der Gemeindegesang sei an Ostern besonders: „wesentlich kräftiger, fröhlicher und beschwingter“, beschreibt es der musikalische Profi, der inzwischen als Ruheständler ehrenamtlich an der Orgel sitzt. Man könne förmlich ein Vibrieren und Beben spüren, das durch das Kirchenschiff geht – wie eine große Freudenwelle. Die Auferstehung Jesu und die damit verbundene befreiende und hoffnungsvolle Botschaft findet auch in der Musik ihren Ausdruck.

Seit über 45 Jahren sitzt Martin Forciniti, der seinen klangvollen Namen seiner italienischen Frau verdankt, so gut wie jede Ostern an der Orgel. Hat man dabei trotzdem noch Lampenfieber? „Immer“, sagt er, ohne zu zögern. Auch wenn die Finger inzwischen nicht mehr zittern wie bei seiner österlichen Premiere an der Orgel.

Damals war er 14 Jahre alt, und in seiner Heimatstadt Horstmar war der Organist kurzfristig ausgefallen. „Da haben alle gesagt: Mach Du es doch“, erzählt Forciniti, der seit dem vierten Lebensjahr Klavier spielt und mit elf erstmals an der Orgel saß. Was dieser Einsatz bedeutete, war dem Jugendlichen damals schon klar. „Ich habe Blut und Wasser geschwitzt“, erinnert er sich.

Alles klappte – „aber ich war total fertig hinterher“. Die organistische Feuertaufe hatte er bestanden. In diesem Jahr freut sich Martin Forciniti aus einem weiteren Grund besonders auf den Gottesdienst. Denn das erste Mal seit Beginn der Corona-Pandemie kann wieder ohne Einschränkung gefeiert werden. Das wird man sicher auch dem „Gloria“ anhören morgen in aller Frühe in St. Familia.

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