E-Zigaretten locken Jugendliche: Anbieter in Kassel bestätigen den Trend

Immer mehr Jugendliche rauchen und nutzen E-Zigaretten. Vor allem die Einweg-Modelle liegen im Trend, bestätigen auch Anbieter in Stadt und Landkreis Kassel.
Kassel/ Kreis Kassel – Sie sehen aus wie bunte Textmarker – die E-Zigaretten zum einmaligen Gebrauch, die vor allem bei jungen Menschen beliebt sind. Im vergangenen Jahr haben in Deutschland mehr Jugendliche geraucht und E-Zigaretten genutzt als 2021. Das geht aus einer Befragung zum Rauchverhalten hervor. Laut der Studie der Debra (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten) haben 2022 15,9 Prozent der Minderjährigen im Alter ab 14 Jahren Tabak geraucht. 2021 waren es noch unter 9 Prozent der Jugendlichen in dem Alter.
Für den Bereich E-Zigaretten bestätigen auch Verkäuferinnen und Verkäufer aus Stadt und Landkreis Kassel diesen Trend. Die Nachfrage nach klassischen Zigaretten ist aus ihrer Sicht allerdings eher stagniert oder geht sogar zurück. „Die Nachfrage nach E-Zigaretten ist anhaltend hoch und nimmt sogar weiter zu“, sagt Janet Dalecki, Mitarbeiterin bei Elektro-Zigge in Kassel. Vor allem Jugendliche fragen häufig in dem Geschäft nach den Einweg-Modellen. „Die bekommen sie bei uns natürlich nicht“, sagt Dalecki.
Jugendliche haben auch im Hofgeismarer Feinkostgeschäft Spontan Gaumenfreuden von Daniela Illner im vergangenen Jahr auffällig häufig versucht, E-Zigaretten zu kaufen, sagt die Betreiberin. Grund für die hohe Nachfrage sei, dass es seit vergangenem Sommer einen Hype um Einweg-E-Zigaretten gebe. Die Einweg-E-Zigaretten seien insbesondere über soziale Netzwerke beworben worden.
Das sagt der Lungenfacharzt
Die steigenden Raucherzahlen unter Jugendlichen sieht Prof. Stefan Andreas von der Lungenfachklinik Immenhausen mit Sorge: „So etwas hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben.“ Die Popularität der Produkte in den sozialen Medien hätte auch dazu beigetragen.
Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass Jugendliche in Deutschland laut Gesetz gar nicht rauchen dürfen. Dass sie es tun, sei ein Versagen des Staates, findet der Arzt. In der Lungenfachklinik in Immenhausen werden ambulant auch E-Zigaretten-Raucher behandelt, erklärt Andreas. Die jungen Erwachsenen unter ihnen hätten zum Teil folgende Probleme: Husten, Infektanfälligkeit und Luftnot.
Diese Eindrücke in der Lungenfachklinik deckten sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Risiken der E-Zigaretten, sagt der Arzt. „Ein bekanntes Risiko, das auch die World Health Organisation betont, ist, dass Jugendliche nikotinabhängig werden und sich dann das Rauchen nicht mehr abgewöhnen können“, erklärt Andreas. E-Zigaretten seien die ideale Einstiegsdroge für Jugendliche. Sie seien günstig, heimlich rauchbar und mit Aromen versetzt. Deshalb gebe es Bemühungen, Aromen zu verbieten und die Jugend besser zu schützen.
„Dadurch ist bei Kunden fast jeder Altersgruppe eine Nachfrage nach den Tabakersatzprodukten entstanden, sagt Illner. „Und der Hype bricht nicht ab“, bestätigen Illner und Dalecki. Auch Patrick Harms berichtet, dass Einweg-E-Zigaretten nicht nur bei jungen Menschen beliebt sind. „Das zieht sich über alle gesellschaftlichen Schichten. Auch Rentner und Berufstätige in jedem Alter kaufen Einweg-E-Zigaretten“, sagt der Geschäftsführer des E-Zigaretten-Geschäfts Vaperz mit Filialen in Baunatal und Kassel.
Er bestätigt ebenfalls, dass in sozialen Medien vermehrt Werbung für Einweg-E-Zigaretten gemacht wurde. Dabei sei das eigentlich nicht erlaubt: „Durch das Tabakerzeugnisgesetz dürfen solche Produkte in sozialen Medien nicht beworben werden“, sagt Harms. Dass Tabakzigaretten laut der Studie unter Jugendlichen ebenfalls beliebter geworden sind, hätte Daniela Illner aus Hofgeismar nicht erwartet.
„Ich habe den Eindruck, dass die Nachfrage nach herkömmlichen Zigaretten unter Jugendlichen stagniert ist.“ Den E-Zigaretten-Konsum bei Jugendlichen sieht auch der Allgemeinmediziner Christoph Claus, der auch Sprecher des Hausärzteverbands Kassel und Hausarzt in Grebenstein ist, kritisch. E-Zigaretten seien aus wissenschaftlicher Sicht nicht weniger schädlich als normale Zigaretten. Grundsätzlich gelte:
„Ein sich in Entwicklung befindlicher Organismus muss mit einem stärkeren Effekt des Rauchens auf die Gesundheit rechnen“, sagt der Mediziner. Unstrittig sei außerdem, dass ein früherer Beginn des Konsums die Risiken für Lungenkrebs und Raucherlunge erhöhe.