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Mordfall Lübcke: Ausschuss zweifelt an Zusammenarbeit mit Verfassungsschutz

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Von: Matthias Lohr

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Hier tagt der Lübcke-Ausschuss seit elf Monaten: Vorsitzender des Gremiums im hessischen Landtag ist Christian Heinz (CDU). Archi
Hier tagt der Lübcke-Ausschuss seit elf Monaten: Vorsitzender des Gremiums im hessischen Landtag ist Christian Heinz (CDU). © Arne Dedert/dpa

Eigentlich sollte am Mittwoch ein Neonazi-Aussteiger im Ausschuss zum Mordfall Walter Lübcke aussagen. Doch er kam nicht. Stattdessen wurden die Zweifel am Verfassungsschutz größer.

Wiesbaden – Hätten die Behörden schon vor dem Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wissen können, wie gefährlich sein Mörder Stephan Ernst und dessen einstiger Neonazi-Kumpel Markus H. waren? Dies ist eine der Fragen, die der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags klären will. Antworten darauf hätte gestern ein Aussteiger aus der rechtsextremen Szene geben sollen. Doch wie schon im Dezember erschien der Zeuge auch gestern nicht in Wiesbaden.

Seine Aussage war mit Spannung erwartet worden. Laut Erkenntnissen der antifaschistischen Rechercheplattform „Exif – Recherche & Analyse“ lebte der Mann zum Zeitpunkt des Mordes am Kasseler Halit Yozgat durch den rechtsterroristischen NSU nur zwei Häuser neben dessen Internet-Café in der Holländischen Straße. Trotz dieser Nähe und seiner Zugehörigkeit zur rechten Szene sei er von Behörden nie zum Mord befragt worden. Auch dies wäre im Ausschuss Thema gewesen.

So ging es gestern vor allem um die Frage: Wie gut arbeiteten der Staatsschutz und das Landesamt für Verfassungsschutz zusammen? Nicht nur Ausschussmitglied Stefan Müller (FDP) vermutet, dass die Zusammenarbeit „eher sporadisch war“. Ein ehemaliger Kommissariatsleiter Staatsschutz des Polizeipräsidiums Nordhessen konnte die Zweifel der Ausschussmitglieder an der Arbeitsweise nicht ausräumen.

Als es etwa um die Kontakte der nordhessischen Szene nach Ostdeutschland ging, sagte der Zeuge: Die Kollegen aus Thüringen seien „nicht sehr aktiv gewesen und haben uns nicht mit Informationen versorgt“. Zudem kritisierte er die personelle Ausstattung des Staatsschutzes: „Es sah damals nicht rosig aus und ist heute nicht viel besser.“

Hermann Schaus, Obmann der Linken, kritisierte hinterher: „Die Verantwortung für die Beobachtung der Szene liegt zwar beim Verfassungsschutz, hier hat es offenbar aber keine Zusammenarbeit gegeben.“

Auch der jetzige Staatsschutzleiter im Polizeipräsidium Nordhessen machte als zweiter Zeuge gestern deutlich, dass vieles nicht optimal läuft. So gebe es zwar einen regelmäßigen Austausch mit dem Verfassungsschutz. Aber: „Ich würde mir eine engere Zusammenarbeit wünschen.“

Als er vom Ausschussvorsitzenden Christian Heinz (CDU) gefragt wurde, wie er von der Teilnahme von Stephan Ernst und Markus H. an den Protesten rechter Gruppen in Chemnitz im Spätsommer 2018 erfahren habe, antwortete er: „Ich hätte mir gewünscht, dass ich von anderen Behörden informiert worden wäre.“ Stattdessen erfuhr der Polizist davon erst durch die Veröffentlichung von „Exif“, der Antifa-Plattform. (Matthias Lohr)

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