documenta 15: Südkoreanisches Forschungsprojekt ikkibawiKrrr widmet sich dem Pazifikkrieg

Das südkoreanisches Forschungsprojekt ikkibawiKrrr bespielt bei der documenta 15 das Naturkundemuseum Ottoneum. Wir stellen das Kollektiv und seine Arbeit vor.
Melodisches Hämmern, helles Klimpern und mechanisches Dröhnen, verbunden mit Bildern von Naturplätzen, die mal mit Zeichnungen überdeckt werden, mal für sich allein stehen: Die raumübergreifende Videoinstallation „Tropical Story“ ist nach dem Abbau des Hito-Steyerl-Raums die auffälligste Arbeit im Ottoneum.
Sie zeigt auf zwei Leinwänden eindrucksstark wie Kriegsüberreste in Asien von der Natur eingenommen werden. Damit bespielt sie einen der zwei Räume, die während der documenta fifteen die Werke von ikkibawiKrrr zeigen. Die südkoreanische Forschungsgruppe aus Seoul bezeichnet sich selbst als „visuelle Forschungs-Band“ und wirft für die Ausstellung einen Blick auf den Pazifikkrieg in verschiedenen Perspektiven.
ikkibawiKrrr sind Cho Jiuen, Kim Jungwon und Ko Gyeol. Ihr Name ist ein Kompositum aus den Wörtern „ikkibawi“, koreanisch für einen Stein, der mit Moos bewachsen ist, und „krrr“, einem rein lautmalerischen Wort.
„Wir mögen es sehr, dass Moos sein ganzes Ökosystem verändern kann, und sogar kleine Pflanzen einen Einfluss auf ihre Umgebung haben. Deshalb ist Moos Teil unseres Namens geworden“, erzählt Kim Jungwon. Das Kollektiv hat sich seit geraumer Zeit mit den tropischen Regionen in Asien befasst und widmet sich generell der Natur des Kontinents und seiner Inseln sowie der Gemeinschaft in Korea.
documenta 15: ikkibawiKrrr aus Südkorea zeigen Wunden des Pazifikkriegs
Für „Tropical Story“ haben die Künstler neben Orten in Südkorea unter anderem die Inselstaaten Indonesien und Palau bereist, um dort Spuren des Pazifikkriegs zu finden. „Wir haben bei unseren Reisen entdeckt, dass es auf den Inseln viele Höhlen, Festungen und Bunker gibt. Für uns sind sie die Wunden dieser Orte und die Wunden der Menschen, die im Krieg gestorben sind“, erzählen Cho Jieun und Kim Jungwon.

ikkibawiKrrr arbeiten kollektiv, jedoch mit klar getrennten Rollen, wie Kim Jungwon erklärt. So ist der 26-Jährige für die Fotos und Videos zuständig, seine Kollegin Cho Jieun widmet sich den Zeichnungen und der Bearbeitung der Werke, während Ko Gyeol hauptsächlich recherchiert. Gerade bei der Recherche ist es ikkibawiKrrr wichtig, Verbindungen zu den Menschen aufzubauen, mit denen sie für ihre Projekte zusammenarbeiten.
ikkibawiKrrr auf der documenta 15: Wenn Algen zu Bomben werden
Ein Beispiel dafür sind die Protagonistinnen der zweiten Videoinstallation, die die Gruppierung im Ottoneum für die d15 vorstellt: „Seaweed Story“. Die Arbeit widmet sich den Haeyeo auf der Vulkaninsel Jeju. Das sind Taucherinnen, die Meeresprodukte ernten und früher damit finanziell sehr erfolgreich waren. Sie werden auch „Meeresfrauen“ genannt. Auf einem Bildschirm ist ein Chor dieser heute seltenen Meeresfrauen vor einer vulkanischen Felslandschaft zu sehen und zu hören.

Dass dieses Thema auch mit dem Pazifikkrieg zu tun hat, ist auf den ersten Blick nicht zu sehen, verbindet die Installationen der Koreaner jedoch auf subtile Art und Weise. Denn, so erklärt es Kim Jungwon, die Taucherinnen haben während des Pazifikkriegs eine bestimmte Alge gesammelt, verbrannt und ihre Asche an das japanische Militär verkauft, das diese Asche dann unter anderem für die Produktion von Bomben benutzt habe.
„Spannend ist auch, dass diese Algen mittlerweile in der Kosmetik genutzt werden“, sagt Ko Gyeol, „so bleibt die Vergangenheit auch in der Gegenwart erhalten.“
ikkibawiKrrr wollen mit ihrer Kunst Interaktionen schaffen und sie in ihr Leben mit einbeziehen – auch außerhalb von Museen. Auf der documenta fifteen hätten sie eine neue, andere Ausstrahlung der zeitgenössischen Kunst gefunden: „Wir kannten einige Künstler schon vorher und haben die Erfahrung machen können, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Jetzt konnten wir uns aber alle treffen und zusammen Zeit verbringen, das war großartig“, erzählt Kim Jungwon.