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documenta 2022: Fulda als Lebensader der Stadt Kassel

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Von: Kirsten Ammermüller

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Ein Fährschiff mit bunt bemalten Fenstern auf der Fulda in Kassel.
Ein Fährschiff mit bunt bemalten Fenstern: Die Künstlerin Chang En-Man befasst sich mit Imperialismus und Indigenen Bevölkerungsgruppen. © Dieter Schachtschneider

Die Fulda hat während der documenta fifteen eine zentrale Rolle. Zahlreiche Werke verbinden Natur, Urbanität und Zivilgesellschaften.

Kassel – Wasser ist Leben! Ausgehend von diesem universellen Grundgedanken erhält die Fulda zur documenta eine zentrale Rolle. Sie wird als Lebensader, verbindendes Element und Transportweg für Waren, vor allem aber für Ideen und Wissen in den Blick genommen.

Dabei kommt auch der Gedanke des sich Besinnens und des Reflektierens nicht zu kurz, ist der Fluss, der Kassel durchquert, doch auch ein beliebtes Naherholungsgebiet, das sich die Stadtbevölkerung zunehmend erschließt. Es gibt in unmittelbarer Nähe zum Flussufer und verteilt über die Aue viel zu entdecken sowie, den ehemaligen Handelswegen folgend, eine Ausstellungsfläche über vier Ebenen in dem leerstehenden Industriegebäude an der Hafenstraße 76. Erste Eindrücke.

In der Aue

Die Natur als kunstschaffendes Wesen zu begreifen, ist nicht neu. Und doch ist die Erfahrung eines solchen Ortes, der kaum von Menschen gestaltet wurde, immer wieder eindrucksvoll, nahezu erhaben. Einen solchen Raum stellt La Intermundial Holombiente mit dem Komposthaufen in der Karlsaue vor.

Das natürliche Zusammenspiel von Vergehen und Wachsen ist eindrücklich in Szene gesetzt. Weitere Stationen in der Aue auf dem Weg an die Fulda sind das Gewächshaus, in dem das kolumbianische Kollektiv Más Arte Más Acción das Thema Klimawandel und Entwaldung thematisiert. Bereits seit Längerem hatten die zusammengeschnürten Stoffballen aus Altkleidern auf der Karlswiese für Rätselraten gesorgt. The Nest Collective zeigt hier in einem aus den Ballen errichteten Raum die Auswirkungen globaler Textilindustrien auf Aufrika.

Ein Haus aus Stoffballen: The Nest Collectiv vor der Orangerie in Kassel.
Ein Haus aus Stoffballen: The Nest Collectiv vor der Orangerie. © Dieter Schachtschneider

Am Fulda-Ufer

Hölzerne Stege, aus Weiden geflochtene Kabinen direkt am Hiroshima-Ufer. Dieses „Luftbad“ ist einer von insgesamt acht Reflecting Points, die über die Stadt verteilt zum Reflektieren und Besinnen einladen. Als Kooperationsprojekt mit der documenta wurden sie von dem Bund Deutscher Architekten (BDA) entwickelt. Die Stege laden die Besucher ein, den Ort bewusst zu erleben, zu verweilen und in der Sonne oder im Wasser zu baden.

Unmittelbar neben dem Luftbad ist die Konstruktion eines demontierten Dachstuhls aufgestellt – Ziel der Citizenship, dem schwimmenden Gemeinschaftsprojekt vom Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U) in Berlin, das sich am 4. Juni von Berlin über Havel, Mittellandkanal, Weser und Fulda auf den Weg nach Kassel gemacht hat.

Weiter in Richtung Kasseler Hafen führt der Weg über die Walter-Lübke-Brücke, auf der die Besucher auf ein Werk des vietnamesischen Nhà Sàn Kollectivs treffen. Auf der Wasseroberfläche ist die Installation des Kollektivs aus Philadelphia Black Quantum Futurism zu sehen. Die „Clepsydra-Bühne“ – eine abstrahierte Wasseruhr, die als Bühne dienen wird.

Bevor das Ufer verlassen wird, lohnt sich ein Besuch des Areals des Bootsverleihs Ahoi. Dort gibt es ein breites kulinarische Angebot in idyllischer Atmosphäre. Ins Auge sticht eine Art Fährschiff mit bunt bemaltem Glas, auf dem die Besucher auf der Fulda in See stechen können. Die in Taiwan lebende Künstlerin Chang En-Man beschäftigt sich mit Imperialismus und der Indigenen Bevölkerung Taiwans anhand einer afrikanischen Riesenschnecke – im Wok gebraten in Taiwan ein beliebter Snack.

Hafenstraße 76

Angekommen in der Hafenstraße 76, entfaltet sich der morbide Charme des leer stehenden Industriegebäudes mit seinen großzügigen Hallen. Der Ort bietet Raum für großformatige Arbeiten. So springen die Arbeiten der Mitglieder der Foundation Class Collective der Kunsthochschule Berlin ins Auge.

Großzügige Ausstellungsräume an der Hafenstraße 76 in Kassel.
Großzügige Ausstellungsräume: Hafenstraße 76. © Dieter Schachtschneider

Unterschiedlichste Werkstoffe und Techniken fügen sich zu einem räumlichen Laboratorium für gemeinschaftliches Arbeiten zusammen. Auch das Storytelling hat in dem Industriegebäude einen eigenen Schwerpunkt. Der Berliner Comiczeichner Nino Bulling hat eindrucksvolle Zeichnungen auf seidene Stoffbahnen gedruckt, die von der Decke herabhängen und wie ein Wald durchschritten werden können.

Thematisch beschäftigt er sich mit dem Klimawandel aus einer genderfluiden Perspektive. Im zweiten Obergeschoss stoßen die Besucher auf die Rückseiten großformatiger Bilder – ein Fotoroman des Berliner Kollektives Fehras Publishing Practices. Urabnität und Natur treffen auf diesem Rundgang aufeinander und ergänzen sich konsequent.

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