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documenta 2022: In Museen und documenta-Halle sind Geschichten verbindende Elemente

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Von: Bettina Fraschke, Tibor Pezsa

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Kunst-Skulptur von Erick Beltrán im Sepulkralmuseum.
Kunst-Skulptur von Erick Beltrán im Sepulkralmuseum. © Dieter Schachtschneider

Museen sind auch diesmal wieder Standorte der documenta. Zudem wird die documenta-Halle mit Kunst bespielt.

Kassel – Wie stets, so sind auch jetzt wieder in Kassel einige Museen documenta-Standorte. Drei davon liegen in nur kurzer Laufweite voneinander entfernt am Weinberg: die Grimmwelt, das Sepulkral- und das Landesmuseum. Das Stadtmuseum ist nur ein paar Schritte weiter entfernt in der Innenstadt. Zusammen bilden die vier zweifellos eines der Kraftzentren dieser documenta.

In welchem der Häuser man auch immer einen Rundgang beginnt – schon ab dem zweiten verfestigt sich der Eindruck, dass ein unsichtbares Band alle verbindet: Es ist die alles vernetzende Kraft der Geschichten und des Erzählens, wie sie wohl jeder menschlichen Wahrnehmung zugrunde liegt.

Die Freiheit des Erzählens ist aber immer auch eine Antwort auf die Frage: Wer erzählt? Wer herrscht über Mythen, Bilder und Zeichen? Für die documenta ist Erzählen Thema und Tun zugleich.

Sicht- und hörbar wird diese Kraft etwa in den eigentümlichen Geschichten und Fundstücken des professionellen Geschichtenerzählers Agus Nur Amal PMTOH. Kongenial in der Grimmwelt platziert, erweitert der Indonesier spielerisch die westliche Sicht auf das Erzählen, befreit sie von der Reduktion aufs Kalkulierte, aufs Eindeutige. Dagegen steht bei ihm das Musikalische, das wortlos Wirkende. Kinder dürften das sehr viel leichter verstehen als Erwachsene.

Zusammen mit anderen Mitwirkenden führt der mexikanische Künstler Erick Beltrán im Sepulkralmuseum die Unabschließbarkeit immer wieder neuer Geschichten, Mythen und Diskurse vor. Spannend führen Skizzen, Protokolle und Gedanken weit ins Offene, rund um eine schwebende Skulptur. Voller Symbolik weisen deren Fresken und Bilder aber nicht nur auf die ihnen selbst innewohnenden Geschichten, sondern zugleich auch weit über sich hinaus. Erinnerungen an Grafiken M. C. Eschers werden wach.

Dokumentarfilm von Pinar Ögrenci im hessischen Landesmuseum in Kassel.
Dokumentarfilm von Pinar Ögrenci im hessischen Landesmuseum in Kassel. © Pia Malmus

Erzählen als Anklage bleibenden Unrechts bewegt die in Berlin lebende Künstlerin Pinar Ögrenci. Von ihr ist im Landesmuseum ein Film über die osttürkische Heimat ihres Vaters zu sehen. Glücklicherweise meidet sie jede Vereindeutigung. So legen ihre Bilder eine Landschaft mit eigentümlich stillen Menschen frei. Es ist ein Landstrich, der getränkt ist von hundert Jahre unerlöstem Leid und Schuld. Wenn überhaupt, kann das wohl nur durch Geschichten erträglicher werden. Geschichten wie diese.

Wunderbar ironisch bricht der in Sidney lebende Künstler Safdar Ahmed das Musikgenre Death Metal. Als Zombies geschminkt posieren die Musiker in einem Wald voll singender Vögel und beim Teeschlürfen mit Kleinkind und Teddy. Ein rührendes Bekenntnis zur befreienden Kraft solcher Bilder. Und eine Bestätigung der großen Kraft jedes Erzählens. Faszinierend, zum Weiterdenken.

documenta-Halle: Teils elegant, teils eng

Durch einen Wellblechtunnel führt der Weg in die documenta-Halle. Das Wajukuu Art Project hat im Mukuru-Slum im kenianischen Nairobi Straßengeräusche aufgenommen. Das soll Besucher akustisch in eine andere Welt beamen: Willkommen, so klingt unser Leben. In einem elegant inszenierten Wellblechraum zeigt das Kollektiv Bilder, Installationen und einen Film.

Auch das zweite Entree in die documenta-Halle ist spektakulär: Das Britto Arts Trust aus Bangladesch hat auf dem Hang neben der Halle einen Gemüsegarten angelegt, kunstvoll geflochtene Pavillondächer als Schattenspender. Im vollgestellten Inneren präsentieren die Künstler aus Dhaka Marktstände mit Produkten aus Keramik. In den Obstkisten und Regalen liegen zum Beispiel Kokosnüsse, auf denen das Coca-Cola-Logo prangt. Das thailändische Kollektiv Baan Noorg beschäftigt sich mit fortschrittlicher Milchwirtschaft – und lädt zur Bewegung ein: Skateboards stehen auf einer knallbunten Halfpipe bereit.

Ganz andere Akzente setzt Tania Brugueras kubanisches Institut Instar in der mittleren Ebene: Es geht darin etwa um die Zensur von Künstlern – ihre Namen werden dokumentiert, ihre Gesichter sind auf Masken gedruckt.

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