Rückblick: documenta 7 in Kassel (1982) – Rückkehr zur Ästhetik

Nach dem Ärger um die Vorgängerschau besinnt sich die documenta 7 wieder auf die Ästhetik. Nur Beuys sorgt mit seinen 7000 Eichen für Aufregung.
Kassel – Vor Beginn der documenta fifteen am 18. Juni 2022 blicken wir in einer Serie auf die bisherigen 14 Ausstellungen zurück. Heute: Die siebte documenta in Kassel im Jahr 1982.
Zerwürfnisse im Leitungsteam, kurzfristige Rücknahme von Kunstwerken durch die Künstler selbst – die documenta 6 war mit viel Ärger über die Bühne gegangen. Für die documenta 7 rief der künstlerische Leiter Rudi Fuchs zum Rückzug in das Stammhaus Fridericianum, einem Ermöglichungsort für die Kunst, wie er es nannte.

Dieses Museum, feierlich mit einem Baldachin aus Gold und Silber des Italieners Luciano Fabro sowie einer vergoldeten Säule von James Lee Byars im Eingangsbereich in Szene gesetzt, sollte als Tempel für die Kunst herausgehoben werden. Der Franzose Daniel Buren stellte auf der Wiese vor dem Fridericianum 5000 bunte Wimpel auf, untermalt von Musik-Collagen von Beethoven bis Telemann.
Zahlen zur documenta 7
Vom 19. Juni bis zum 28. September 1982 stellten 182 Künstler im Fridericianum, in der Orangerie, in der Neuen Galerie sowie in der Karlsaue aus. 387.381 Besucher sahen 1000 Werke. Der Etat betrug 6,694 Millionen D-Mark.
Geringe Zahl an Künstlern: Zunächst plante Kurator Rudi Fuchs nur mit 40 für die documenta 7
Fuchs hatte, noch bevor er zum Leiter der documenta 7 ernannte wurde, eine Auswahl von 40 Künstlern skizziert, die seiner Meinung nach als die besten und wichtigsten ihrer Zeit galten. Diese ausführlich zu studieren, sollte dem Publikum ihre Bedeutung für die Kunstströmung insgesamt ermöglichen. Doch schon bald mussten der Kurator und sein Team sich eingestehen, dass sie damit dem Ruf als Weltkunstausstellung nicht gerecht werden würden. Nach und nach wurde die Zahl der teilnehmenden Künstler immer weiter angehoben, bis zu ihrer Summe von 182. Im Vergleich zur vorausgegangenen documenta mit 623 teilnehmenden Künstlern erschien diese Anzahl in der Tat sehr gering.
Fuchs wollte mit seinem Konzept die Behauptung entkräften, die „Neuen Wilden“ seien ein kurzlebiges Phänomen. Er räumte jenen Künstlern eine Sonderstellung ein, die sich mit ihrer figürlich-expressiven Malerei gegenüber der abstrakten und minimalistischen Malerei behaupteten. Zu diesen „Helden“, wie Fuchs selbst sie nannte, gehörten: H. D. Hödicke, Markus Lüpertz, Jörg Immendorf, Anselm Kiefer, Georg Baselitz und A. R. Penck.

Fuchs setzte auf einen kuratorischen Dialog. Ein Konzept, das durchaus aufging, wie Kunstkritiker Dirk Schwarze in unserer Zeitung schrieb. Fuchs’ These, die documenta 7 werde zeigen, dass Maler wie Baselitz, Penck und Immendorf wegweisende Figuren für die Malerei der „Jungen Wilden“ seien, würde die Ausstellung auf Anhieb belegen.
Beuys sorgt für Ärger: Bei der Aktion „Stadtverwaldung“ sollten 7000 Eichen gepflanzt werden
Fuchs’ Konzept setze auf eine Abkehr von strenger thematischer Gliederung. Der Dialog der Kunstwerke war entscheidend für den Niederländer sowie das Erleben der Kunst für die Besucher, mit neuen Erkenntnissen durch wechselnde Perspektiven, in einer klaren und offenen Ausstellungsarchitektur.
Verlief die documenta 7 ohne viel Getöse, sorgte doch einer für die buchstäblichen Steine des Anstoßes. Joseph Beuys wollte raus in die Stadt. Seine Aktion der „Stadtverwaldung“ – mit 7000 Bäumen, die in der gesamten Stadt gepflanzt werden und durch einen dazu gestellten Basaltblock als Teil dieser Aktion gekennzeichnet werden sollten –, sorgte für viel Ärger.
Nicht zuletzt weil die 7000 Basaltblöcke vor dem Fridericianum viel Raum einnahmen und der Verbleib der Steine für die kommenden Jahre nicht abschließend geklärt war.
Beuys indes stellte klar: Wenn die Steine nicht auf dem Friedrichsplatz bleiben dürfen, bläst er die Aktion ab und sucht sich eine andere Stadt. Beuys’ Sohn pflanzte zur Eröffnung der documenta 8 den letzten der 7000 Bäume neben den ersten seines am 23. Januar 1986 verstorbenen Vaters auf dem Friedrichsplatz. (Kirsten Ammermüller)