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documenta im WH22: Kollektiv Question of Funding über Kunst in Gaza

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Von: Kirsten Ammermüller

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Farbenfrohe Strandgesellschaft: „Summer of Gaza“von Dina Matta.
Farbenfrohe Strandgesellschaft: „Summer of Gaza“von Dina Matta. © Malmus, Pia

Das Kollektiv Question of Funding stellt am documenta-Standort WH22 die Situation von Kunstschaffenden in Gaza vor.

Kassel – „Kabul Fried Chicken, chicken for valour and the homeland...“ – die Leuchtschrift im Treppenaufgang zum zweiten Obergeschoss in der Werner-Hilpert-Straße 22 (WH 22) verkündet ein neues Franchise-Unternehmen für Halal-Fritierhähnchen. Der Beitrag des in London geborenen Künstlers Hamja Ahsan mit bengalischen Eltern nutzt einen satirischen Ansatz, um seiner Kritik an einer zunehmenden Islamophobie des Westens Ausdruck zu verleihen.

Denn, so heißt es in der auf Arabisch und Englisch durchlaufenden Leuchtschrift, es gebe das frittierte Hähnchen nur für Tapferkeit und die Heimat, und weiter: nicht für Genghis (Mongolenstämme), für Moskau, Washington, England und die Nato.

Mit der satirischen Arbeit von Ahsan erfolgt der Zugang zu der Ausstellungsfläche der Teilnehmer, die auf Einladung des Kollektivs Question of Funding ihre Werke zeigen. Das palästinensische Künstlerkollektiv sorgte im Vorfeld der documenta für weitreichendes mediales Aufsehen, da ihm eine Nähe zu der antiisraelischen Politkampagne BDS unterstellt wurde. Eine Gesprächsreihe zu den Antisemitismus-Vorwürfen wurde von der documenta-Leitung kurzfristig abgesagt – die Kunst solle erst einmal für sich sprechen, so die Begründung. Was gibt es also zu sehen?

Großformatige, meist farbenfrohe Gemälde prägen den ansonsten kahlen Raum mit weißen Wänden – an der Wand prangt die Zahl „187“, ein Anschlag im Vorfeld der documenta auf das Kollektiv, der offensichtlich rechtsextrem motiviert war und im US-Kontext als Code für eine Morddrohung verstanden werden kann.

„Summer of Gaza“ heißt das farbenfrohe Gemälde der palästinensischen Künstlerin Dina Mattar. Eine Gesellschaft von bunten, sommerlich gekleideten Personen, im Hintergrund das Meer. Die flächig gestaltete Anordnung ist eine Reminiszenz an Pabblo Picasso. Auch weitere Werke rufen diesen Wiedererkennungseffekt hervor und greifen die Vorbilder von beispielsweise Marc Chagall auf.

Die Kartoffelesse vor einer brennenden Stadt: Gemälde von Mohammed Al Hawajr.
Die Kartoffelesse vor einer brennenden Stadt: Gemälde von Mohammed Al Hawajr. © Pia Malmus

Mohammed Al Hawajri nennt seine Serie „Guernica“ – nach Picassos Antikriegs-Gemälde. Ländliche Idylle auf einem sommerlichen Feld: Bäuerin und Bauer ruhen sich von getaner Arbeit aus. Ergänzt wird das bekannte Motiv „Erntepaar“ von Vincent van Gogh durch einen Trupp Soldaten und einen Panzer, die sich von rechts dem schlafenden Paar nähern.

Darunter eine ähnliche Szenerie, bei der die Bauern auf dem Feld offensichtlich die Nähe der Soldaten hinter aufgetürmten Strohballen bemerkt haben. „Die Kartoffelesser“ ist ein weiteres van-Gogh-Motiv. Al Hawajri greift zwei Personen aus der Gesellschaft heraus und platziert sie beim gemeinsamen Essen vor einer im Hintergrund brennenden Stadt.

Die Malerei wird durch zahlreiche Schriften ergänzt. Es sind kurze Erzählungen, die sich mit den Kunstschaffenden in Palästina beschäftigen und Restriktionen durch Israel beschreiben. Al-Hawajri erzählte, dass er ein Gemälde in vier gleichgroße Abschnitte unterteilen musste, um den Transport aus dem Gazastreifen zu erleichtern. Er sei gezwungen, seine Werke auf diese Weise zu teilen, um sie über die Grenze zu bringen – die einzelnen Teile werden später wieder zusammengefügt, um als ein Gemälde ausgestellt werden zu können.

Das Kollektiv Question of Funding lädt am Eröffnungswochenende Samstag und Sonntag zu einem Zusammenkommen mit Live-Musik ein, jeweils ab 18 Uhr, WH 22.

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