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documenta-Kritiker wittern hinter Fetisch-Party Antisemitismus

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Von: Matthias Lohr

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Doppelter Protest: Vor dem Modekaufhaus Sinn demonstrierte das Bündnis gegen Antisemitismus (links), auf dem Opernplatz versammelten sich Palästinenser und Unterstützer, um die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren.
Doppelter Protest: Vor dem Modekaufhaus Sinn demonstrierte das Bündnis gegen Antisemitismus, auf dem Opernplatz versammelten sich Palästinenser und Unterstützer, um die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren. © Dieter Schachtschneider

Zum documenta-Auftakt demonstrierte in Kassel das Bündnis, das die Antisemitismus-Debatte entfacht hatte, sowie Palästinenser. Die documenta-Kritiker verwechselten dabei BDS und BDSM.

Kassel – Malca Goldstein-Wolf hat die documenta noch nicht besucht, aber sie ist besorgt über das, was dort zu sehen sein wird. Am Samstagmittag steht die jüdische Aktivistin aus Köln am Rand des Friedrichsplatzes in Kassel und warnt vor angeblichem Antisemitismus auf der Kunstschau. Gehe das so weiter, „können wir darüber nachdenken, ob wir bald wieder unsere Koffer packen“, sagt Goldstein-Wolf. Sie ist Mitorganisatorin der Kundgebung, die der documenta vorwirft, der Israel-Boykottbewegung BDS eine Bühne zu geben. BDS gilt laut einem Bundestagsbeschluss als antisemitisch. Mehrere Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen haben diesen Schritt kritisiert.

Der Kasseler Jonas Dörge nennt den Streit um die documenta „den größten Antisemitismus-Skandal der letzten Jahrzehnte“. In einem Blog-Beitrag hatte sein Bündnis gegen Antisemitismus (BGA) Anfang Januar schwere Vorwürfe erhoben. Seitdem wird nicht nur in den Feuilletons heftig gestritten.

Kritik an documenta in Kassel: Künsterlische Leitung „von Israel-Hassern und Antisemiten durchsetzt“

In Kassel werde sein Bündnis von allen geschnitten, wie er im Vorfeld klagte. Nun sind laut Polizei 50 Menschen gekommen. Sie applaudieren, als Dörge sagt: „Die künstlerische Leitung ist von Israel-Hassern und Antisemiten durchsetzt.“ Der FDP-Landtagsabgeordnete Stefan Naas aus dem Taunus kritisiert die Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und fordert: „Jeder Antisemitismusvorwurf muss ausgeräumt werden.“ Franziska Schwedes von der Kasseler Jungen Union kündigt an, dass die Nachwuchsorganisation der CDU die documenta nicht besuchen werde. Auch dafür gibt es lauten Applaus.

Wenige Meter entfernt hatte zuvor auf dem Opernplatz die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft gegen „die israelische Apartheidpolitik“ demonstriert. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren Israel schon länger dafür. Auch das ist umstritten. Der komplizierte Nahost-Konflikt ist an diesem Samstag also mitten in Kassel angekommen. Hier bleibt er friedlich.

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documenta 2022 in Kassel: BDSM-Fetisch-Party nicht antisemitistisch

Redner vor 80 Teilnehmern auf dem Opernplatz (darunter viele aus dem documenta-Umfeld) ist auch Wieland Hoban. Der Frankfurter ist Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost und nennt das BGA einen „armseligen kleinen Hass-Verein“. Berechtigte Kritik an der Politik Israels werde mit dem Antisemitismus-Vorwurf verleumdet und so quasi zensiert. „Denn wer will schon antisemitisch genannt werden“, fragt der Jude und wirft den documenta-Kritikern eine „menschenverachtende, rassistische Haltung“ vor.

Auf dem Opernplatz versammelten sich Palästinenser und Unterstützer, um die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren.
Auf dem Opernplatz versammelten sich Palästinenser und Unterstützer, um die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren. © Dieter Schachtschneider

Die Deutsch-Palästinenserin Dana Alajem aus Kassel hofft nach der monatelangen Debatte, dass die Leute „jetzt endlich die Kunst anschauen“. Das Mitglied der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft hat bereits mit den Künstlern des palästinensischen Kollektivs The Question of Funding gesprochen, das neben Ruangrupa im Zentrum der Vorwürfe steht: „Sie haben mir gesagt, dass es vielleicht das letzte Mal ist, dass sie nach Deutschland gekommen sind.“

Die documenta-Kritiker des BGA wiederum waren auf ihrer Demo erbost, dass am Standort in der Werner-Hilpert-Straße 22 eine Pro-BDS-Party stattgefunden habe. Es stellt sich dann jedoch heraus, dass es sich dabei um eine BDSM-Fetisch-Party handelte. Eine documenta-Sprecherin erklärt auf Anfrage: „Die Partys sind pro-BDSM-Partys, so sind sie auch in allen Programmen der documenta fifteen angekündigt. Die Räumlichkeiten sind auch entsprechend eingerichtet dafür.“ Wegen eines fehlenden M wird bei den docmenta-Kritikern aus einer Sex-Aktion Antisemitismus. (Matthias Lohr)

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