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Beliebter documenta-Standort soll Zentrum für Kultur werden

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Von: Matthias Lohr

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Sie wollen hier Kultur machen: Mitglieder der Initiative „WH22 von Vielen für Viele“ im Innenhof des ehemaligen documenta-Standorts in der Werner-Hilpert-Straße. Vorn rechts mit roter Mütze Veit Wolfer.
Sie wollen hier Kultur machen: Mitglieder der Initiative „WH22 von Vielen für Viele“ im Innenhof des ehemaligen documenta-Standorts in der Werner-Hilpert-Straße. Vorn rechts mit roter Mütze Veit Wolfer. © Initiative „WH22 von Vielen für Viele“

Die Werner-Hilpert-Straße 22 war einst Party-Hochburg und im vorigen Sommer ein beliebter documenta-Standort. Nun soll das Areal zu einem Zentrum für Kultur werden.

Kassel – Anfang Dezember war es in der Werner-Hilpert-Straße 22 trotz der Kälte ein bisschen wie während des documenta-Sommers. Die Initiative „WH22 von Vielen für Viele“ hatte zum Hoffest auf dem ehemaligen Party-Areal unterhalb des Kasseler Kulturbahnhofs geladen. 300 Besucher kamen.

Geht es nach der WH22-Initiative, wird die Immobilie, auf die während des Zweiten Weltkriegs eine Bombe fiel, als Kulturzentrum bald noch viel mehr Menschen anlocken. Der aus 70 Kulturinitiativen und Personen bestehende Verein will hier einen selbstverwalteten und offenen Kulturraum schaffen. Das Lumbung-Prinzip der documenta-Kuratoren von Ruangrupa, also die indonesische Reisscheune, in der alles geteilt und zusammen gearbeitet wird, soll hier weiterleben.

So ähnlich hatten sich das auch Ruangrupa vorgestellt. Als sie das WH 22 im Herbst 2021 als documenta-Standort vorstellten, sagten sie, der Ort solle langfristig „für diverses künstlerisches Schaffen zugänglich“ gemacht werden. Und auch beim Eigentümer der Immobilie, der Firma Mietstück, war man überzeugt, „dass hier nach der documenta sehr viel möglich sein kann“.

Zum aktuellen Stand will man sich dort nicht äußern. Nach HNA-Informationen gibt es mehrere Optionen: Mietstück könnte das Objekt etwa an die Stadt vermieten oder an einen anderen Interessenten aus Kassel verkaufen, der hier ebenfalls vielfältige Kultur ermöglichen will.

Alle Beteiligten wissen, dass es ein ungewöhnlicher Standort ist, den es in der Stadt nicht noch mal gibt. Club-Betreiber Ralph Raabe und Bob Wachholder hatten in den 90er-Jahren das A.R.M. sowie die Lolita-Bar und später auch die für zwei Millionen Euro umgebaute Weinkirche zum Treffpunkt für Subkultur gemacht. 2018 kaufte Mietstück dem verschuldeten Raabe die Immobilie ab. Doch dann kam die Pandemie. Nach der documenta gibt es nun neue Hoffnung.

Bereits während der Kunstschau hatte die WH22-Initiative in der ehemaligen Wiese direkt an der Straße einen offenen Kulturraum für Konzerte, Ausstellungen und Kneipenabende angeboten. Veit Wolfer, der an der Kunsthochschule lehrt, sagt: „Das hat gezeigt, was für ein Potenzial der Ort hat.“ Mittelfristig will sein Verein eine Genossenschaft gründen, die Räume anmietet oder die Immobilie kauft. Mietinteressenten sind etwa die Vereine Buchkinder und Tanzwerk sowie das Zukunftsdorf22, das während der documenta in Bettenhausen stattfand. Auch Bob Wachholder will seine Lolita-Bar weiter betreiben. Für viele Initiativen, die seit Jahren über Raumnot klagen, könnte das WH22 eine Perspektive sein.

Kulturdezernentin Susanne Völker freut sich, dass es ein „so breites Interesse an der kulturellen Entwicklung des Areals gibt“, wie sie sagt. Man sei mit allen Beteiligten im Gespräch. Mit dem Eigentümer Mietstück habe man „konkrete Perspektiven zur Erhaltung des Areals für kulturelle Entwicklungen erarbeitet“. Im Haushalt 2023 stehen dafür Mittel bereit.

Wie auch immer Mietstück sich entscheidet – die Initiative WH 22 ist offen für alles, wie Wolfer sagt: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“ Das gilt auch für den vietnamesischen Garten im Hinterhof, der im Sommer viele Besucher faszinierte. Derzeit wird er von der vietnamesischen Community gepflegt, damit er bald wieder erblüht. (Matthias Lohr)

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