Heißer Auftakt der documenta: Steinmeier äußert Kritik und trifft Ruangrupa

Die documenta fifteen hat ein in jeder Hinsicht heißes erstes Wochenende erlebt. Zum Auftakt der 15. Weltkunstausstellung in Kassel kamen 5000 Besucher. Sie machten sich bei Temperaturen von weit mehr als 30 Grad auf, um sich einen ersten Eindruck an den 32 Standorten zu verschaffen.
Kassel - Im Mittelpunkt stand aber die offizielle Eröffnung, an der traditionell auch der Bundespräsident teilnimmt. Frank-Walter Steinmeier kam nach einem Staatsbesuch in Indonesien auch nach Kassel, allerdings nach einigem Zögern, wie er zu Beginn seiner Rede verriet.
Steinmeier begründete dieses Zögern mit den Antisemitismus-Vorwürfen gegen die documenta rund um das Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa und den Umgang damit. Die Schärfe der Kontroverse und die Unversöhnlichkeit im Ton hätten ihn irritiert, erklärte Steinmeier.
Der Bundespräsident skizzierte sogleich die Grenzen der Kunstfreiheit und machte klar: „Die Anerkennung Israels ist bei uns Grundlage und Voraussetzung der Debatte!“ Und: „Wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten.“ Steinmeier appellierte an documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann und die Gesellschafter der documenta, sich ihrer Vermittlungsaufgabe zu stellen. An Unterstützung werde es nicht mangeln, sagte Steinmeier. Im Vorfeld war die geplante Debattenreihe zu dem Thema kurzfristig abgesagt worden.
Steinmeier ließ am Samstag schon Taten folgen. Das Bundespräsidialamt bestätigte gestern Informationen unserer Zeitung, wonach der Bundespräsident eine halbe Stunde mit zwei Mitgliedern von Ruangrupa und Schormann abseits des Rummels gesprochen hat. Darin ging es laut einem Sprecher auch um die Themen, die Steinmeier in seiner Rede angesprochen hat.
Fernab davon wurde das Auftaktwochenende von mehreren Demonstrationen begleitet. Als der Bundespräsident am Fridericianum eintraf, machten Radfahrer lautstark darauf aufmerksam, dass auf dem Steinweg ein Teil des Radweges durch die dort aufgestellten Poller weggefallen ist.
Aber auch gefeiert wurde schon. Während tagsüber die Stadt wegen der Hitze noch relativ leer war, zog es am Abend 25.000 Menschen in die Innenstadt. Laut Polizei blieb alles friedlich, es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, hieß es. (Ulrike Pflüger-Scherb und Florian Hagemann)