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Hessens Antisemitismus-Beauftragter: Abbau des Banners bei der documenta 2022 war richtig

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Von: Axel Schwarz

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Antisemitismus-Eklat bei der documenta in Kassel: Das Banner „People’s Justice“, das am Friedrichsplatz zur documenta fifteen zu sehen war, wurde abgehängt.
Antisemitismus-Eklat bei der documenta in Kassel: Das Banner „People’s Justice“, das am Friedrichsplatz zur documenta fifteen zu sehen war, wurde abgehängt. © Andreas Fischer

Das documenta-Banner mit judenfeindlichen Darstellungen in Kassel wurde beseitigt. Der hessische Antisemitismus-Beauftragte Uwe Becker äußerte sich gegenüber hna.

Kassel – Nach bundesweiter Kritik an antisemitischen Darstellungen hat die documenta am Dienstag (21. Juni) entschieden, dass das große Wimmelbild-Banner des indonesischen Kollektivs Taring Padi von einem Gerüst auf dem Friedrichsplatz in Kassel entfernt wird. Dafür hatte sich der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker bereits im Vorfeld ausgesprochen. Wir sprachen mit ihm.

Herr Becker, das als antisemitisch kritisierte Banner auf dem Friedrichsplatz ist am Montagabend erst verhüllt worden, am Dienstag schließlich wurde die Abhängung beschlossen. Wie bewerten Sie die Maßnahmen, zu der die documenta-Verantwortlichen gegriffen haben?

Ich habe es von Anfang an für richtiger gehalten, das Banner wirklich zu entfernen. Auch wenn es verhüllt wäre, bliebe die antisemitische Bildsprache ja bestehen. Durch das Verhüllen war vielmehr zusätzlich die ungünstige Botschaft entstanden, dass man sich nicht deutlich genug davon distanziert.

Documenta in Kassel: Antisemitische Darstellungen am Friedrichsplatz

Wie haben Sie die bildlichen Darstellungen auf dem Plakat empfunden?

Für mich sind diese Darstellungen eindeutig antisemitisch. Da werden Handlungen von Juden mit Handlungen der SS verbunden, um ein diskreditierendes Bild zu erzeugen. Ein oft gewählter Vergleich, wie ihn zuletzt auch Putin mit Blick auf die Ukraine gebraucht hat oder er oft in Bezug auf Israel bemüht wird. So etwas darf in Hessen und in Deutschland keinen Platz haben.

Im Vorfeld der documenta fifteen gab es Kritik, weil eingeladenen Kollektiven eine israelfeindliche Haltung nachgesagt wurde. Jetzt geht es um konkrete Abbildungen. Wo liegen für Sie die Unterschiede?

Ein Unterschied liegt darin, dass durch gezeigte Bilder eine breite Öffentlichkeit mit Antisemitismus konfrontiert wird. Im anderen Fall sind das mehr Haltungsfragen –wobei ich mir eine deutlichere Distanzierung gewünscht hätte zu Personen, die die antisemitische BDS-Bewegung unterstützen. Dadurch hätte man von vornherein solche schwerwiegenden Reibungspunkte vermeiden können.

Video: Documenta reagiert nach Antisemitismus-Vorfall

Israel und die documenta in Kassel: Wo endet die Kunstfreiheit?

Wie weit darf Kunst gehen, wenn sie sich kritisch zu Israel und/oder dem Judentum positionieren will? Wie weit reicht und wo endet für Sie die künstlerische Freiheit?

Sie endet ganz klar dort, wo Antisemitismus beginnt. Bei den Darstellungen auf diesem Postermotiv ist das auf jeden Fall erfüllt. Kunstfreiheit endet auch bei der Delegitimierung Israels.

Das Kollektiv Taring Padi hat in einem Statement beteuert, keine antisemitischen Intentionen im Sinn gehabt zu haben. Man verweist auf kulturspezifische Erfahrungen während der Militärdiktatur in Indonesien. Nehmen Sie den Urhebern das ab?

Zumindest für die besagten Darstellungen auf ihrem Banner kann ich das in der Breite nicht als ausreichende Begründung sehen. Das bringe ich nicht mit den abgebildeten Motiven zusammen.

Documenta in Kassel: Der entstandene Schaden muss minimiert werden

Sehen Sie die documenta nachhaltig beschädigt durch den Antisemitismus-Eklat gleich zum Auftakt der 15. Weltkunstschau?

Die Institution documenta ist ja weit mehr als die aktuell aufgetretenen Fälle. Insgesamt liegt es an den Verantwortlichen selbst, durch ein deutlich konsequenteres Verhalten den jetzt entstandenen Schaden zu minimieren. Die documenta muss sich ihrer Verantwortung stellen, damit dies auf ein unrühmliches Kapitel begrenzt bleibt. Es wird darauf ankommen, welche Lehren und auch welche roten Linien man nun zieht, etwa auch in Bezug auf BDS. (Axel Schwarz)

Zur Person

Uwe Becker (52) ist seit 2019 Antisemitismusbeauftragter der Hessischen Landesregierung und seit Februar 2022 als Nachfolger von Mark Weinmeister Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten in Hessen. Bis 2021 war der CDU-Politiker Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt am Main. Becker ist verheiratet und Vater von Zwillingen.

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