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Antisemitismusvorwürfe: documenta sagt Gesprächsreihe vorerst ab

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Von: Mark-Christian von Busse

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Das Ruruhaus in der Innenstadt.
Die documenta hat mit Antisemitimusvorwürfen zu kämpfen. Jetzt haben die Verantwortlichen eine geplante Gesprächsreihe abgesagt. (Symbolbild) © Andreas Fischer/NH

Die documenta hat die geplante Gesprächsreihe zu Antisemitismusvorwürfen vorerst abgesagt. Sie soll in veränderter Form jedoch im Sommer stattfinden.

Kassel – Die documenta in Kassel hat eine für die nächsten drei Sonntage geplante Gesprächsreihe gestoppt. Thema sollte die Rolle von Kunst und Kunstfreiheit angesichts von Antisemitismus, Rassismus und Islamophobie sein.

Die für den 8., 15. und 22. Mai vorgesehenen digitalen Veranstaltungen „We need to talk! Art – Freedom – Solidarity“ seien „ausgesetzt“, teilte die Pressestelle gestern mit: „Die documenta wird zunächst die Ausstellung beginnen und für sich sprechen lassen, um die Diskussion dann auf dieser Basis sachgerecht fortzusetzen.“

Angebliche Nähe zur BDS-Kampagne: documenta 15 wird Antisemitismus vorgeworfen

Die Reihe war entwickelt worden, nachdem im Januar Antisemitismusvorwürfe gegen die d15 laut geworden waren. Das Kasseler Bündnis gegen Antisemitismus hatte Mitgliedern der Künstlerischen Leitung, des indonesischen Kollektivs Ruangrupa, und d15-Teilnehmern Nähe zur BDS-Kampagne (für Boykott, Desinvestition, Sanktionen) vorgeworfen. Sie hat die wirtschaftliche und kulturelle Isolation Israels zum Ziel. Der Bundestag hat die BDS-Bewegung für antisemitisch erklärt. Kritisiert wurde auch die Einladung an das palästinensische Kollektiv Question of Funding.

In die Debatte hatte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) eingeschaltet, die nach einem Gespräch mit Ruangrupa – wie die Gesellschafter Stadt Kassel und Land Hessen – den Kuratoren das Vertrauen aussprach. Verabredet wurde, dass Fachleute über den Antisemitismusvorwurf diskutieren sollten. Der Auftakt war für Sonntag, 14 bis 17 Uhr, geplant.

Kritik an documenta 15: Zentralrat der Juden verwundert über Programmpunkt

Zuletzt gab es vonseiten des Zentralrats der Juden Kritik an der Auswahl der Teilnehmer an den Expertenforen. Zentralratspräsident Josef Schuster zeigte sich verwundert, dass im Kontext von israelbezogenem Antisemitismus „die Thematik des anti-palästinensischen Rassismus Eingang in das Programm gefunden“ habe: „Die Ausrichtung der Podien hat für mich eine eindeutige Schlagseite zuungunsten des Antisemitismus.“

Die documenta teilte mit, zurzeit scheine das Ziel, im Vorfeld der Ausstellung „einen multiperspektivischen Dialog jenseits institutioneller Rahmen zu eröffnen, nur schwer umsetzbar“. Der documenta sei es aber wichtig, „den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen“. Die bisherigen Ansätze sollen als verändertes Format vor Ort in Kassel während der d15 weiterentwickelt werden. Das gebe Gelegenheit, auch auf die aktuell geäußerten Bedenken eingehen zu können. (Mark-Christian von Busse)

Claudia Roth: „Neue Vertrauensbasis nötig“

„Ich werde jetzt erneut mit allen Beteiligten das Gespräch suchen und diese, wenn nötig, in den Dialog zueinander bringen“, kündigte Kulturstaatsministerin Claudia Roth gestern an. „Die Absage der Gesprächsreihe macht deutlich, dass hier offenkundig eine neue Vertrauensbasis nötig ist“, sagte die Grünen-Politikerin. Antisemitismus dürfe keinen Platz haben in unserer Gesellschaft, Aufgabe aller staatlichen Stellen sei es aber auch, die Kunstfreiheit zu schützen.

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