1. Startseite
  2. Kultur
  3. documenta

Nach Antisemitismus-Kritik: documenta-Kunstwerk wurde abgebaut – Applaus, aber auch Buh-Rufe

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Florian Hagemann, Ulrike Pflüger-Scherb

Kommentare

Das Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz in Kassel auf der documenta fifteen wurde am Montagabend verhüllt.
Am Montagabend wurde es verhüllt: Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz. Es war erst am Freitagabend aufgehängt worden. © Amira El Ahl

Das Kunstwerk auf dem Friedrichsplatz, das ganz offensichtlich judenfeindliche Motive enthält und am Montagabend abgedeckt worden ist, wurde nun ganz abgebaut. Die Debatte geht weiter.

Kassel – Das Kunstwerk auf dem Friedrichsplatz des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi, das ganz offensichtlich judenfeindliche Motive enthält und am Montagabend (20. Juni) aus diesem Grund abgedeckt worden ist, wurde am Dienstagabend abgebaut. Hilfskräfte begannen gegen 20.30 Uhr, das Banner zu entfernen. Zahlreiche Interessierte verfolgten das Ganze – es gab Buh-Rufe, aber auch Applaus.

Nach annähernd einer Dreiviertelstunde war das Banner abgehängt, in der Folge kam es aber zu Protesten. Einige Zuschauer – darunter auch Künstler – bauten die Pappfiguren, die ebenfalls von Taring Padi stammen, auf dem Friedrichsplatz ab, warfen sie auf einen Haufen und riefen pro-palästinensische Parolen. Mitglieder des kuratierenden Künstlerkollektivs Ruangrupa waren zumindest vor Ort.

Stellungnahmen der documenta-Generaldirektorin und des Oberbürgermeisters

Zeitgleich mit Beginn des Abbaus veröffentlichte die documenta eine Stellungnahme von Generaldirektorin Sabine Schormann. Darin heißt es: „Der Aufsichtsrat hat mich heute Vormittag darin bestärkt, das Wandbild im nächsten Schritt abzuhängen. Antisemitische Darstellungen dürfen in Deutschland, auch in einer weltweit ausgerichteten Kunstausstellung, keinen Platz haben. Dies gilt ausdrücklich auch bei allem Verständnis für die Belange des globalen Südens und die dort verwendete Bildsprache.“

Schon am frühen Nachmittag hatte Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats, durchblicken lassen, dass am Abend das Kunstwerk komplett abgebaut werde. Geselle hatte zugleich gesagt, dass er wütend und enttäuscht sei über die Entwicklung der vergangenen Tage: „Wir fühlen uns beschämt. Es ist ein immenser Schaden für die Stadt Kassel, für das Land Hessen und für die documenta entstanden. Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen.“

In Bezug auf das kuratierende Künstlerkollektiv Ruangrupa sagte Geselle: „Die Kuratoren haben uns von Beginn an versichert, dass Antisemitismus keinen Platz haben wird. In diesem einen Fall sind sie der Verantwortung nicht gerecht geworden.“

documenta in Kassel: „Wir müssen aufarbeiten“

Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) sagte, der bereits entstandene Schaden sei nicht zu relativieren. „Im Gegenteil, wir müssen aufarbeiten, wie es bei der documenta geschehen konnte, dass eine solche Bildsprache öffentlich gezeigt wurde.“

Im Kalender der documenta sind zudem eine Vielzahl der für die nächsten Tage angekündigten Veranstaltungen abgesagt worden. Eine Anfrage, warum die Veranstaltungen abgesagt worden sind, blieb bisher unbeantwortet. Ob es weitere Absagen geben wird, ist bisher unklar. Am Dienstagvormittag hatten noch Veranstaltungen stattgefunden. (Ulrike Pflüger-Scherb und Florian Hagemann)

Kommentar: Antisemitismus-Kunst in Kassel: Das erschüttert die documenta in ihren Grundfesten

Auch interessant

Kommentare