„Diskussion muss weitergehen“: Ehepaar aus Hannover klagte gegen documenta-Verantwortliche

Ehepaar aus Hannover klagte gegen d 15-Verantwortliche. Bernadette und Joachim Gottschalk geht es vor allem darum, dass die Diskussion um das Thema weitergeführt wird.
Kassel – Zwei, die eine Anzeige gegen documenta-Verantwortliche gestellt haben, sind Bernadette und Joachim Gottschalk. Das Ehepaar lebt bei Hannover. Bernadette Gottschalk ist Jüdin. Ein Großteil ihrer Familie war im Konzentrationslager in Auschwitz ermordet worden, auch ihre Großeltern. Seit vielen Jahren kämpft das Paar daher gegen Antisemitismus.
Joachim Gottschalk ist Jurist und unterstützt seine Frau. Gemeinsam haben sie bereits mehrere Klagen eingereicht. Zuletzt unter anderem gegen eine Mahnwache der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ vor der Braunschweiger Synagoge. Bernadette Gottschalk betonte damals gegenüber Medien, dass sie als Jüdin die Anmeldung als einen Angriff auf ihr Judentum einordne. Ähnlich ist es auch im Fall der Kunstwerke von Taring Padi.
„Die Anzeige hatten wir vor gut einem Dreivierteljahr gestellt“, sagt Joachim Gottschalk am Telefon. Der 26-seitige Bescheid habe dann ohne jegliche Vorankündigung am Freitag im Briefkasten gelegen. „Das sei dann doch überraschend gewesen“, so Gottschalk. Handwerklich und strukturell sei der Bescheid in Ordnung, so der Experte. „Man sieht, dass das nicht mal eben schnell gemacht worden ist.“ Oft würden Staatsanwaltschaften einfach nur zwei Sätze rausschicken. Die Begründung jetzt sei umfassend.
Es sei eben ein Rechtsprodukt und rein inhaltlich sei diese Meinung durchaus vertretbar. „Es ist eben die rein rechtliche Einschätzung“, sagt Gottschalk. „Uns ist wichtig, dass das Thema weiter in der Öffentlichkeit diskutiert wird“, sagt Joachim Gottschalk. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid unter anderem: Unzweifelhaft sei, dass es sich bei den Abbildungen um künstlerische Darstellungen handelt. Man müsse allerdings abgrenzen, ob sie zum Zweck der jenseits der Grenzen der Kunstfreiheit liegenden politischen Propaganda handele, bei der eine künstlerische Arbeitsmethode lediglich vorgeschoben sei oder aber um eine echte künstlerische Darstellung.

So sind beispielsweise auch NS-Symbole in einer künstlerischen Darstellung zulässig, wenn diese nicht zu Propagandazwecken dienen. Bei dem Kunstwerk von Taring Padi ist dies laut dem Schreiben der Staatsanwaltschaft gegeben. „Ein kunstbezogenes Selbstverständnis und letztlich wohl auch einen gewissen künstlerischen Anspruch“ macht die Staatsanwaltschaft auch darin aus, dass das Kunstwerk auf dem Friedrichsplatz, also einem zentralen Platz in Kassel, aufgestellt worden ist. In dem Kunstwerk seien zudem Deutungsmöglichkeiten und Rezeptionsdimensionen angelegt, die über eine reine antisemitische Propaganda hinausgehen.
Es könne nachvollzogen werden, dass die beanzeigten Darstellungen von vielen in Deutschland lebenden Menschen, namentlich von Jüdinnen und Juden sowie Vertretern jüdischer Organisationen und Einrichtungen, als beleidigende und unerträgliche antisemitische Hetze empfunden worden ist. Die Aufnahme von Ermittlungen sei abgelehnt worden, weil es sich rechtlich nicht um eine Straftat handele.
Gegen diese Entscheidung will das Ehepaar Gottschalk jetzt mit einer Beschwerde vorgehen. Eine solche ist innerhalb von zwei Wochen bei der nächsthöheren Instanz, der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt, möglich. Die Generalstaatsanwaltschaft entscheidet dann darüber, ob die Beschwerde zulässig und auch begründet ist. (Kathrin Meyer)