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documenta protestiert mit Bannern am Fridericianum

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Von: Mark-Christian von Busse

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Banner gegen den Krieg: Installation von Plakaten am Mittwoch zwischen den Säulen des Museums Fridericianum in Kassel.
Banner gegen den Krieg: Unsere Aufnahme ist am Mittwoch während der Installation der Plakate von Dan Perjovschi am Museum Fridericianum entstanden. © Pia Malmus

Kassel – Vieler Worte braucht es nicht. „Stop War“ und „Peace“ steht auf den Bannern, die seit Mittwochabend am Portikus des Kasseler Fridericianums hängen. Die mit ein paar Strichen skizzierte Antikriegs-Botschaft der documenta ist einfach und unmissverständlich.

Die Banner zeigen Strichmännchen, die ein gepanzertes Fahrzeug umringen, einen Zweig in einem Panzerrohr: Geschaffen hat die „Anti War Drawings“ der rumänische Künstler Dan Perjovschi, der auch an der documenta fifteen teilnehmen wird. Dass bei „Stoputin“ ein P fehlt, ist charakteristisch für die Zeichnungen des 60-Jährigen, die oft mit Begriffen und Buchstaben spielen. Raumgreifend, kritisch, oft humorvoll, manchmal bissig, kommentieren sie das Zeitgeschehen. Wer ist dieser Dan Perjovschi, der auch während der 100 Ausstellungstage ab 18. Juni in Kassel „die Aufmerksamkeiten auf dringliche Themen unserer Zeit richten“ wird, wie die documenta ankündigt?

Perjovschi stammt aus Sibiu (Hermannstadt), ausgebildet wurde er als Maler an der Universität der Künste in Iasi, noch während der grauenhaften Ceausescu-Herrschaft. Nach der Revolution 1989/90 begann er mit performativen Aktionen, er organisierte ein unabhängiges Festival mit, schloss sich der Redaktion der Zeitschrift „revista 22“ an, mit seiner Frau Lia gründete er das „Contemporary Art Archive“ in Bukarest. Und er begann, Zeichnungen auf Wände zu übertragen. Die internationale Kunstwelt wurde spätestens auf ihn aufmerksam, als er 1999 den Boden des rumänischen Pavillons bei der Venedig-Biennale mit Zeichnungen bedeckte. Seither stellte er etwa im Museum of Modern Art New York, in der Tate Modern London und bei der Jakarta-Biennale aus. Jedes Projekt ist einmalig – viele Piktogramme und Wortschöpfungen werden wieder übermalt.

Das Dortmunder U versah er über sieben Stockwerke mit seinen „Indoor Graffitis“. Die Freunde der Hamburger Kunsthalle verliehen ihm für seine Wort-Bild-Kombinationen als Erstem einen neuen, mit 20 000 Euro dotierten Rosa-Schapire-Preis. In Kassel war Perjovschi bereits 2003 zu Gast, in der wegweisenden, von René Block verantworteten Ausstellung „In den Schluchten des Balkan“ im Fridericianum. Auch damals tummelte er sich mit Kreide und Filzstiften im Stadtraum.

„I draw, I happy“, sagt Perjovschi: Wenn ich zeichne, bin ich glücklich. Doch nur den kleinsten Teil von hunderten Zeichnungen in seinen Notizbüchern überträgt er vergrößert auf die Wände von Museen und Kunsthallen. In der „Diversity United“-Ausstellung am Tempelhofer Feld in Berlin 2021 hingen von Perjovschi überschriebene Zeitungsseiten. Die Schau, die „das künstlerische Gesicht Europas“ zeigen will, wanderte danach in die Moskauer Tretjakow-Galerie. Die deutschen Veranstalter appellieren inzwischen vergeblich, sie zu schließen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seine Schirmherrschaft zurückgezogen.

Von Mark-Christian von Busse

Kommentare auf Zeitungsseiten: Dan Perjovschis Beitrag 2021 für „Diversity United“.
Kommentare auf Zeitungsseiten: Dan Perjovschis Beitrag 2021 für die Ausstellung „Diversity United“ in den Hangars am Tempelhofer Feld in Berin. © Mark-Christian von Busse

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